Essen/Fürth. Der Arcandor-Belegschaft stehen harte Zeiten bevor. Denn das Sanierungskonzept für den Essener Arcandor-Konzern macht klar: Bei Quelle und Karstadt sollen tausende Stellen wegfallen. Außerdem werden einige Läden dicht gemacht.
Hiobsbotschaft für die etwa 82 000 Mitarbeiter der insolventen Karstadt-Mutter Arcandor: Tausende Stellen sollen wegfallen und Filialen geschlossen werden. Das sieht das Sanierungskonzept für den traditionsreichen Essener Handels- und Reisekonzern vor. Der vorläufige Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg stellte das Konzept am Donnerstag am Sitz der Arcandor-Tochter Quelle im bayerischen Fürth vor. Ziel sei es, die zwei Handelssparten des Konzerns wieder fit zu machen und dann Investoren für sie zu finden. An Teilen von Karstadt hat bereits die Kaufhof-Mutter Metro Interesse bekundet.
Görg stimmte die etwa 30 000 Karstadt-Beschäftigten auf „wesentliche Sanierungsbeiträge” ein, damit die Warenhaus-Kette überlebt: „Diese Operation wird Schmerzen bereiten.” Bei 19 der 126 Waren- und Sporthäuser ist unsicher, ob sie weiterbestehen. Wie viele Stellen wegfallen, könne noch nicht gesagt werden. Das hänge „vom Erfolg unserer Verhandlungen über Sanierungsbeiträge” ab, sagte Görg. So sollen Mieten für Karstadt-Häuser sinken. Verträge mit Lieferanten stehen auf dem Prüfstand. Ein Jobabbau bei Karstadt trifft vor allem Frauen. Fast drei Viertel der Karstadt-Beschäftigten sind laut Betriebsrat Frauen. Fast 60 Prozent der Beschäftigten arbeiten in Teilzeit.
Stellenabbau in Callcentern und im Logistikbereich
Mehr Details nannte Insolvenzrechtler Görg für den geplanten Jobabbau in der Versandsparte Primondo, zu der auch die insolvente Quelle gehört. Bei den Primondo-Töchtern, die Gläubigerschutz beantragt haben, sollen bis Januar über ein Drittel der Stellen wegfallen – 3700 von 10 500 Jobs. Das betrifft zum Beispiel Mitarbeiter in Call-Centern oder im Logistikbereich.
Die 109 Quelle-Technik-Center, die laut Görg alle Verluste schreiben, machen „zeitnah” dicht. Die Zahl der Quelle-Shops wird um etwa ein Drittel eingedampft; von 1450 Läden sollen rund 1000 offen bleiben. Am Quelle-Firmensitz in Fürth bei Nürnberg sind ebenfalls Stellen gefährdet.
Mehr Zusammenarbeit mit Spezialversendern
Unter dem Dach von Arcandors Versandsparte Primondo sind auch mehrere Spezialversender (Baby-Walz, Hess Natur) und der Verkaufs-Fernsehsender HSE 24 angesiedelt. Sie flüchteten sich aber nicht unter Gläubigerschutz. Mit ihnen soll die „neue Quelle”, die gegenwärtig sechs Millionen kaufende Kunden habe, stärker zusammenarbeiten, sagte Sanierungsexperte Görg. Das heißt, dass Quelle-Kunden Waren per Katalog, in Läden, im Internet oder über den Einkaufssender kaufen könnten.
Quelle hat noch eine andere Baustelle. Die Finanzierung des Versandhändlers über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. September hinaus sei nicht gesichert, warnte Görg. Quelles Hausbank Valovis verlange zu ungünstige Bedingungen. Quelle tritt der Essener Bank vereinfacht gesagt die Kundenrechnungen ab. Valovis kämpft aber selber: Sie beantragte Staatsgarantien beim Bankenrettungsfonds Soffin. „Wir reden über etwa 500 Millionen Euro”, sagte Valovis-Chef Robert Gogarten dem „Handelsblatt”. Die Ex-Arcandor-Tochter brauche die Staatsbürgschaft nicht unbedingt, wolle aber einen ausreichenden Puffer haben.
Arcandor muss wohl das Touristikgeschäft aufgeben. Der Verkauf des Anteils am Reiseanbieter Thomas Cook soll Arcandors Schulden mindern. Der Anteil ist bei Banken verpfändet.