Düsseldorf/Frankfurt. Der Verkauf der amerikanischen Stahlwerke von Thyssen-Krupp ist nach einem Medienbericht offenbar geplatzt. Eine vertraute Person dagegen sagte, dass der Deal nicht gescheitert sei. Die Verhandlungen könnten sich aber noch hinziehen. Der Konzern spricht von einem “zeitnahen“ Abschluss.
Für den angeschlagenen Thyssen-Krupp-Konzern wird der Verkauf seiner verlustreichen Übersee-Stahlwerke immer mehr zur Nervenprobe. Die Verhandlungen seien schwierig, von einem Scheitern könne aber keine Rede sein, sagten zwei mit der Angelegenheit vertraute Personen am Freitag. "Ganz so schnell wird es nicht gehen", sagte eine. Es sei gut möglich, dass es im Geschäftsjahr 2012/13 (per Ende September) nicht mehr zu einem Deal für die Werke in Brasilien und den USA kommt.
Auch Thyssen-Krupp spricht nur noch von einem "zeitnahen" Abschluss. Der Konzern verhandele weiter mit einem führenden Bieter. Reuters hatte von mehreren mit der Angelegenheit vertrauten Personen erfahren, dass es sich dabei um den brasilianischen Stahlkonzern CSN handelt.
Das "Wall Street Journal Deutschland" berichtete unter Berufung auf Insider, der Verkauf der Stahlwerke an CSN sei "offenbar geplatzt". Die Unternehmen seien sich nicht über einen Preis einig geworden. Vertreter von CSN und Thyssen-Krupp hätten sich am Dienstag in New York getroffen, um den Deal zu retten.
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Hauptstreitpunkt sei der Preis für das relativ neue Stahlwerk in Alabama, für das die Branchenrivalen ArcelorMittal und Nippon Steel mehr geboten hätten als CSN. Die Aktie rauschte daraufhin zu Handelsbeginn sechs Prozent in den Keller, baute aber einen Teil der Verluste später wieder ab. ThyssenKrupp war zuletzt fast zu einem Zockerpapier geworden. Beinahe jeder Bericht vermochte es - je nach Stoßrichtung - den Aktienkurs nach unten oder nach oben zu katapultieren.
CSN könnte sich an Werk in Brasilien beteiligen
"Der Deal ist nicht gescheitert", sagte eine mit dem Prozess vertraute Person. Es gehe aber nicht darum, auf Biegen und Brechen bis Ende September einen Abschluss zu erzielen. Es komme vielmehr auf das Ergebnis an. Es gebe für die Sparte Steel Americas immer noch Gespräche mit mehreren Bietern.
Zu den Optionen gehöre, dass CSN sich an dem Werk in Braslien mit 33 Prozent beteiligt - ebenso wie Thyssen-Krupp und der brasilianische Rohstoffkonzern Vale. Vale hält bislang 27 Prozent, Thyssen-Krupp den Rest. Einem Berater von Thyssen-Krupp zufolge sperrt sich Vale gegen eine Beteiligung von CSN an dem Werk, da es sich um einen unmittelbaren Konkurrenten handelt. Vale habe die Hand drauf und könne einen Deal blockieren.
Thyssen-Krupp blieb bei seiner jüngsten Aussage. "Wir befinden uns in fortgeschrittenen Verhandlungen über den Verkauf von Steel Americas mit einem führenden Bieter. Die Verhandlungen schließen auch den beteiligten Partner Vale, die brasilianische Entwicklungsbank BNDES und brasilianische Regierungsstellen mit ein." Der Konzern konzentriere sich darauf, zeitnah einen Abschluss zu erreichen.
Vorstandschef Hiesinger stellte Abschluss bis Mai in Aussicht
Thyssen-Krupp musste allerdings mehrfach Rückschläge in dem Prozess hinnehmen. Unterschiedliche Preisvorstellungen, technische Probleme und eine unklare politische Gemengelage erschweren einen Abschluss. Im Februar hatte Vorstandschef Heinrich Hiesinger einen Abschluss bis Mai in Aussicht gestellt.
Was er unter dem jetzt verwendeten Begriff "zeitnah" versteht, lässt er offen. Die ursprünglichen Pläne, einen Verkauf im laufenden Geschäftsjahr anzupeilen, wiederholt er nicht mehr. Ein Update dürfte Hiesinger bei der Vorlage der Quartalszahlen am 14. August geben.
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Warburg Research-Analyst Björn Voss hält einen Abschluss noch im laufenden Geschäftsjahr immer noch für möglich. Dass ein Deal mit CSN wegen angeblich unterschiedlicher Preisvorstellungen in Höhe von 500 Millionen US Dollar scheitert, sei unwahrscheinlich. Thyssen-Krupp und CSN führten seit Monaten exklusive Verhandlungen und hätten eine Menge Geld und Ressourcen investiert. Wenn es einen Deal mit CSN geben werden, könne dieser noch im August besiegelt werden, sagte der Experte.
Hiesinger hatte Verkauf 2012 angekündigt
Thyssen-Krupp-Chef Hiesinger hatte den Verkauf der Werke im Mai 2012 angekündigt. Die Sparte Steel Americas hat dem Konzern hohe Verluste eingebrockt. Die Kosten waren auf zwölf Milliarden Euro explodiert. Nach mehreren Abschreibungen hat Thyssen-Krupp die Werke noch mit 3,4 Milliarden Euro in den Büchern stehen.
Analysten bezweifeln, dass Thyssen-Krupp diese Summe bei eiem Verkauf erzielt. Damit drohen dem Konzern weitere Wertberichtigungen. Vor allem wegen der Übersee-Stahlwerke hatte das Unternehmen im vergangenen Geschäftsjahr einen Verlust von fünf Milliarden Euro eingefahren. Den Konzern drücken Schulden in ähnlicher Höhe. (rtr)