Bochum. . Das Edelstahl-Werk des Konzerns Outokumpu in Bochum muss deutlich mehr für Strom zahlen als bisher. Betriebsräte schlagen Alarm. Hintergrund sind neue Belastungen durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Es geht übers Jahr gerechnet um 30 Millionen Euro. Sorgen gibt es auch bei Thyssen-Krupp.

Aufregung am Stahlstandort Bochum: Der finnische Edelstahlkonzern Outokumpu bekommt plötzlich eine höhere Stromrechnung präsentiert als in der Vergangenheit. Das Unternehmen hat bereits Kurzarbeit für rund 500 Beschäftigte beantragen müssen. Der Betriebsrat warnt nun vor weitreichenden Folgen. Es gehe für das Werk, das lange Zeit zum Traditionskonzern Thyssen-Krupp gehört hat, um eine „existenzielle Frage“, sagt Bernd Kalwa, der Betriebsratschef von Outokumpu in Deutschland.

Hintergrund: Anders als über viele Jahre hinweg soll Outokumpu jetzt in voller Höhe die Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) zahlen. Seit Anfang des Jahres überweise Outokumpu monatlich rund 2,5 Millionen Euro mehr an EEG-Umlage als in den Vorjahren, sagte Wolfgang Hesse, Chef der Outokumpu Nirosta GmbH. Auf das Jahr gerechnet geht es also um 30 Millionen Euro.

Konkurrenten jenseits der Grenzen, zum Beispiel in Frankreich, müssen diese Zusatzkosten nicht schultern. Konzernintern konkurriert das Bochumer Werk auch mit Standorten in Finnland. „Wenn es eine weitere Belastung des Bochumer Stahlwerks durch die EEG-Umlage gibt, ist die Weiterführung des Werks stark in Gefahr“, warnt Betriebsratschef Kalwa.

Ungewisse Zukunft für das Edelstahl-Werk in Bochum

Die Finnen hatten im vergangenen Jahr die Edelstahlsparte von Thyssen-Krupp übernommen. Dabei hat Outokumpu zugesagt, mindestens bis Ende 2016 in Bochum Stahl zu kochen. Danach droht die Schließung des Werks. Die endgültige Entscheidung soll 2015 fallen – bei einer Wirtschaftlichkeitsprüfung. Nach dem Aus für den Schmelzofen in Krefeld befindet sich in Bochum das letzte deutsche Werk mit einer Flüssigphase zur Edelstahlproduktion.

Die Entscheidung, welche Betriebe bei der EEG-Umlage entlastet werden, fällt im Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa). Die Behörde verteidigt ihre Entscheidung gegen Outokumpu. „Die Prüfung hat ergeben, dass die Voraussetzungen für die Antragsbefugnis nicht erfüllt sind“, hieß es. Begründung: Bei dem Betrieb handele es sich nicht um einen „selbstständigen Unternehmensteil“. Insofern sei es unerheblich, wie viel Strom das Bochumer Stahlwerk verbrauche. Die Bafa beruft sich auf eine Gesetzesverschärfung, die Anfang 2012 in Kraft getreten ist.

Der Outokumpu-Manager Hesse bezeichnete die Begründung als „inhaltlich nicht nachvollziehbar“. Es sei unstrittig, dass „Stahlwerke in Deutschland als energieintensive Unternehmen in scharfem internationalen Wettbewerb stehen“.

Klage von Outokumpu möglich

Der Fall dürfte nun Juristen beschäftigen. Outokumpu kann Widerspruch gegen die Bafa-Entscheidung einlegen, danach hat erneut die Behörde das Wort. Bleibt es bei dem Konflikt, kann der Konzern vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt klagen.

StrompreisDie Branche zeigt sich alarmiert. „Die Energiewende geht jetzt an die Substanz industrieller Wertschöpfungsketten und darf nicht zur Vernichtung von Arbeitsplätzen führen“, warnt Stahlpräsident Hans Jürgen Kerkhoff. „Um nicht ihre internationale Konkurrenzfähigkeit zu verlieren, ist die Stahlindustrie dringend auf Entlastungen von den wettbewerbsverzerrenden energiepolitischen Strompreisaufschlägen wie der deutschen EEG-Umlage angewiesen.“

Auch Thyssen-Krupp von restriktiverem Vorgehen der Behörde betroffen

Nach Informationen dieser Zeitung ist auch Thyssen-Krupp von einem restriktiveren Vorgehen der Behörde betroffen. Bisher sei über Anträge von rund zehn Standorten nicht entschieden worden, die früher zügig bearbeitet wurden. Damit steht eine Zusatzbelastung für den Essener Konzern in Höhe von 53 Millionen Euro in diesem Jahr im Raum.