Berlin/London. Hat ein großes britisches Geldinstitut die deutschen Steuerbehörden mit Aktiendeals jahrelang um Millionensummen geprellt? Neu sind die Vorwürfe im Grundsatz nicht. Untersuchungen laufen seit längerem
Die britische Großbank Barclays soll Aktiengeschäfte nach einem Zeitungsbericht dazu genutzt haben, mit Handelspartnern den deutschen Fiskus jahrelang um bis zu 280 Millionen Euro pro Jahr zu prellen. Diesen Verdacht äußere das Bundesfinanzministerium in einem Schreiben an die Obersten Finanzbehörden der Länder vom Mai 2012, schreibt die "Süddeutsche Zeitung".
Der Sprecher von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), Martin Kotthaus, sagte am Samstag in Berlin: "Zu Einzelfällen und einzelnen Instituten nehmen wir keine Stellung. Auch nicht zu laufenden Fragen." Die Barclays Bank erklärte der Zeitung, sie habe in Einklang mit den Gesetzen gehandelt.
Steuerschlupfloch seit 2012 geschlossen
Nach Informationen der Zeitung soll es bisher keine staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen Bank-Mitarbeiter geben, sondern nur ein Prüfverfahren der Finanzbehörden. Diese untersuchen demnach, ob das Geldinstitut dem deutschen Fiskus etwaige Schäden erstatten muss. Die Bank habe von 2007 bis 2010 in der "Süddeutschen Zeitung" vorliegenden internen Strategiepapieren beschrieben, wie der deutsche Fiskus mit Aktiendeals systematisch ausgenommen werden könne.
Neu sind solche Vorwürfe im Grundsatz nicht, in den Ländern laufen dazu seit längerem Ermittlungen. Kurz vor den Dividendenstichtagen von Unternehmen, bei denen Gewinne an die Anteilseigner ausgeschüttet werden, sollen Banken und Händler massenhaft Aktien ge- und verkauft haben, um Kapitalertragssteuern mehrfach erstattet zu bekommen. Das Bundesfinanzministerium hatte das Steuerschlupfloch 2012 geschlossen und vor wenigen Tagen nach einem ähnlichen Bericht den Vorwurf zurückgewiesen, lange nichts unternommen zu haben.
Bank weist Vorwurf des Fehlverhaltens zurück
Der "Süddeutschen Zeitung" teilte das Ministerium mit, die Aufklärung dieser Fälle sei "sehr zeitaufwendig, weil die Sachverhalte äußerst komplex und regelmäßig ausländische Stellen beteiligt sind".
Barclays erklärte dem Blatt zufolge, zur Geschäftspolitik der Bank gehöre uneingeschränkte Transparenz und Offenheit gegenüber den Steuerbehörden weltweit. Bei den in Frage stehenden Geschäften habe die Bank "einen offenen und konstruktiven Austausch mit den jeweilig zuständigen Steuerbehörden gepflegt" und werde dies auch künftig tun. Barclays habe in Einklang mit den Gesetzen gehandelt und weise alle Andeutungen von Fehlverhalten entschieden zurück. (dpa)