Essen. . Nach dem Aus der Opel-Produktion in Bochum wird es viel Platz geben. 1,6 Millionen Quadratmeter Werksfläche in Bochum gilt es neu zu besiedeln. Der Opel-Manager Enno Fuchs spricht erstmals über Zukunftschancen für das Bochumer Opel-Werksgelände für die Zeit nach dem Auslauf der Autoproduktion.

Wer und was kommt nach Opel? 1,6 Millionen Quadratmeter Werksfläche in Bochum gilt es neu zu besiedeln – mit Unternehmen, die möglichst viele Arbeitsplätze nach dem Aus der Opel-Produktion schaffen sollen. „Perspektive Bochum 2022“ heißt das Projekt. Opel hat dafür seinen Manager Enno Fuchs für die nächsten Jahre nach Bochum geschickt. In seinem ersten Interview zu den Plänen für das Opel-Gelände sprach Fuchs mit den Kollegen von DerWesten, was für Branchen er nach Bochum locken will – und welche nicht.

Das jahrelange Hin und Her und nun die Entscheidung von Opel, in Bochum keine Autos mehr zu bauen, haben das Vertrauen ins Management im Ruhrgebiet zerstört. Als Opel-Mann werden Sie es hier nicht leicht haben.

Enno Fuchs: Wir müssen uns das Vertrauen wieder erarbeiten, das wissen wir. Deshalb wollen wir mithelfen, Perspektiven zu entwickeln. Am besten zeigen wir unsere Verantwortung für die Menschen in Bochum und der Region mit der Schaffung von Rahmenbedingungen für neue Arbeitsplätze.

Dann sagen Sie doch, dass wenigstens das Warenlager von Opel in Bochum bleibt.

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Fuchs: Beim Thema Warenlager hat sich sachlich nichts geändert. Die Verträge laufen bis 2016 und daran werden wir uns halten.

Und dann?

Fuchs: Das Warenlager ist auch Gegenstand der laufenden Verhandlungen in der Einigungsstelle von Opel und dem Betriebsrat. Deshalb kann ich dazu nichts sagen.

Die Entwicklungsgesellschaft ist noch nicht einmal gegründet worden. Bochums Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz schließt ein Scheitern nicht mehr aus.

Fuchs: Klar dass bei einer solch schwierigen Aufgabe auch Emotionen im Spiel sind. Aber die Zusammenarbeit ist durchaus gut.Unsere Bereitschaft, die Flächen zu übertragen, haben wir öffentlich erklärt und jetzt arbeiten wir an den notwendigen Voraussetzungen. Wir wollen die Perspektivgesellschaft, weil wir uns zu unserer Verantwortung für die Menschen in der Stadt und Region bekennen. Vergessen Sie nicht - die Initiative ging von Opel aus. Warum sollten wir hier Zeit verlieren wollen? Wir arbeiten schon seit Monaten an den Inhalten. Öffentliche Debatten schaffen keinen Arbeitsplatz.

Dennoch, es rumpelt. Wann geht’s endlich los?

Fuchs: Wir prüfen alle Möglichkeiten, wollen nichts ausschließen. Aber natürlich schauen wir auf die Wachstumsbranchen, etwa den Maschinen- und Anlagenbau sowie die Medizintechnik. Wir wollen auch die Nähe zur Ruhr-Universität und auch zur Dortmunder Uni nutzen, dort gibt es große Potenziale in der Medizin- und Produktionstechnik. Wir könnten die Brücke bauen zwischen Forschung, Entwicklung und Kommerzialisierung.

Welche?

Fuchs: Wir lassen zurzeit ermitteln, was die Flächen wert sind und welchen Bedarf an Sanierungen und Rückbauten es gibt. Schließlich müssen die Liegenschaften an die zu gründende GmbH übergehen, damit wir sie auch vermarkten können.

Wir dachten, Opel würde die Flächen der Entwicklungsgesellschaft schenken. Etwa doch nicht?

Fuchs: Opel steht zu seinem Versprechen, die Flächen zur Verfügung zu stellen. Wir bringen Geld und Menschen in das Projekt ein. Allein aus bilanzrechtlichen Gründen muss aber zuerst der Nettowert der Flächen ermittelt und dann der Sanierungsbedarf gegenübergestellt werden. Auf dieser Basis werden wir uns dann einigen. Klar ist aber: Opel will damit kein Geld verdienen, sondern helfen, Menschen in Arbeit zu bringen.

Wenn in den Preis der Sanierungsbedarf schon jetzt eingerechnet wird, sich aber bei der Entwicklung in den kommenden Jahren höhere Kosten ergeben, läge das Risiko demnach allein bei den Gesellschaftern der GmbH, also vor allem der Stadt Bochum.

Solche Unklarheiten wünscht sich keine Seite. Was bei unvorhergesehenen Mehrkosten geschieht, lässt sich vertraglich regeln und auch nachträglich verhandeln. Wir werden uns mit allen Partnern so einigen, dass keine Überraschungen passieren.

Welche Art Unternehmen wollen Sie denn ansiedeln?

Fuchs: Es wird nicht den einen großen Investor geben, sondern viele kleine und mittelständische Unternehmen. Wir haben 1,6 Millionen Quadratmeter und damit eines der größten Industrieareale in Deutschland, darauf passen 40 Fußballstadien. Mit der Stadt und den Kammern sind wir absolut einig, dass idealerweise auf den verschiedenen Werksflächen Industrie- und Technologieparks entstehen - mit hochwertigen Industriearbeitsplätzen. Wir müssen das aber thematisch ausrichten, so ein Industriepark funktioniert nur, wenn die Unternehmen untereinander Synergien haben.

Gibt es favorisierte Branchen?

Fuchs: Wir prüfen alle Möglichkeiten, wollen nichts ausschließen. Aber natürlich schauen wir auf die Wachstumsbranchen, etwa den Maschinen- und Anlagenbau sowie die Medizintechnik. Wir wollen auch die Nähe zur Ruhr-Universität und auch zur Dortmunder Uni nutzen, dort gibt es große Potenziale in der Medizin- und Produktionstechnik. Wir könnten die Brücke bauen zwischen Forschung, Entwicklung und Kommerzialisierung.

Geht’s nicht konkreter?

Fuchs: Ich kann und will im jetzigen Stadium keine Namen nennen. Wir haben bislang insgesamt 43 Geschäftsideen bewertet und mögliche Investoren identifiziert, 23 davon haben wir bereits kontaktiert.

Offen für alles ist die lokale Politik aber nicht. Man will hier etwa keine Logistik haben.

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Fuchs: Es gibt zwei Arten von Logistik. Wir sind uns mit allen Partnern absolut einig, dass Lager mit viel Fläche und wenig Personal nicht sinnvoll wären, etwa Containerlager oder Kühlhäuser. Doch in der Spezial- und Kontraktlogistik etwa gibt es viele qualifizierte Arbeitsplätze.

Ministerpräsidentin Kraft hat in Kanada für Bochum als Standort für eine Brennstoffzellen-Produktion geworben.

Opel ist im Verbund mit GM weltweit führend bei der Brennstoffzellen-Forschung. Die Testflotte, welche Frau Kraft bei ihrer Aussage nannte, kommt übrigens von uns. Die Ansiedlung anderer Unternehmen, die sich mit der Herstellung von Elektrofahrzeugen beschäftigen, ist denkbar, aber es ist zu früh, hier mehr zu sagen.

Herr Fuchs, die Zeit drängt, das Getriebewerk soll schon dieses Jahr schließen. Wie sind Ihre Pläne für die nahe Zukunft?

Fuchs: Die Flächen müssen in verschiedenen Geschwindigkeiten entwickelt werden, aber unter einem Masterplan. Wann welche Fläche frei wird, ist derzeit Gegenstand der Einigungsstelle zwischen Opel und dem Betriebsrat. In wenigen Wochen werden wir ein erstes Nutzungskonzept vorlegen können.