Essen. Auf deutschen Autobahnen haben die Straßenbauer ein teures Problem: Der offenporige Flüsterasphalt bröselt schneller als erwartet. Im Ruhrgebiet liegt der Belag auf der A 40 und auf der A 59. Auf der A 3 bei Oberhausen musste die leise Decke bereits erneuert werden.
Der auf deutschen Autobahnen gerne als Lärmschutz genutzte neue Flüsterasphalt macht den Straßenbauern massive Probleme. Sie stellen derzeit fest, dass der Belag, schon wenige Jahre nach seinem Einbau, auf zahlreichen Strecken sehr viel schneller zerbröselt als erwartet.
Der Baustoff, der bisher bundesweit auf 400 Kilometern verwendet wird – in NRW unter anderem auf dem Ruhrschnellweg, der A 59 bei Duisburg und auf dem Kölner Ring –, verliert bei hoher Verkehrsbelastung zudem rasch seine Lärm dämmende Wirkung, denn die großen Poren setzen sich durch Dreck und Druck der Fahrzeuge schnell zu.
70 Kilometer in NRW auf der A 40 und auf der A 59
Die Folge: Es drohen nicht nur vorzeitig neue Baustellen und damit verbundene Staus. Unerwartet wird auch die Staatskasse mit Reparaturkosten in Millionenhöhe belastet. Die Verkehrsminister der Länder drängen den Bund und seine Bundesanstalt für Straßenwesen (BaSt), Tests mit brauchbaren Ersatzlösungen für den „offenporigen Asphalt“ (Opa) beschleunigt durchzuführen.
Auch interessant
Die Schäden treten inzwischen im gesamten Netz auf. Die Autobahn A 8 bei Stuttgart ist nach vier Jahren so ramponiert, dass sie aufgerissen und mit herkömmlichem Belag repariert werden muss. Die A 9 nach Nürnberg wird in diesen Tagen im Münchner Norden für zwei Jahre zur Großbaustelle. Hier ist die Decke nach acht Jahren zerbröselt. Ihre Sanierung kostet alleine 21 Millionen Euro. Auch in NRW, wo nach Angaben des Landesbetriebs Straßen.NRW bereits 70 der 2000 Autobahnkilometer mit „Opa“ ausgestattet sind, bereitet der Brösel-Asphalt Sorge.
Auf der A 3 bei Oberhausen musste die leise Decke bereits erneuert werden
Christoph Dröge, Abteilungsleiter beim Landesbetrieb, sagt, das Schadensbild an Rhein und Ruhr sei beim Flüsterasphalt zwar bisher nicht so ausgeprägt – auch, weil er erst kurze Zeit verwendet wird. Aber: „Wir kennen die Nachteile und sind beim Einsatz sehr zurückhaltend“. So musste auf der A 3 bei Oberhausen die leise Decke bereits erneuert werden. Die A 40 ist von Mülheim bis Bochum über viele Kilometer mit „Opa“ ausgestattet. Richtung Dortmund wird daran gearbeitet. „Wir sind in der Zwickmühle“, räumt Dröge ein. Der Flüsterasphalt habe „beste Lärmwerte“. Er reduziert die Rollgeräusche der Pkw und Lkw unmittelbar nach dem Einbau um bis zu zehn Dezibel, also um weit mehr als die Hälfte.
Er ersetzt also Lärmschutzwände, die es an sechs Prozent der deutschen Fernstraßen gibt. In Ballungsräumen werde die „Opa“-Verwendung in Planfeststellungsverfahren zum Schutz der Anwohner deshalb oft sogar zur Auflage gemacht. Aber: Der großporige Asphalt halte höchstens acht bis zehn Jahre und damit halb so lang wie ein herkömmlicher Belag. Er sei mit 13 statt zehn Euro Kosten pro Quadratmeter zudem um ein Drittel teurer. Ein Kilometer Strecke kostet rund 400 000 Euro. Autofahrer berichten überdies von Bremsproblemen bei Regen und Eis. Bei Köln entstand deshalb sogar ein neuer Unfallschwerpunkt.
Splittmastix-Asphalt als Ersatzwird noch getestet
Rainer Hillgärtner vom Autoclub Europa (ACE) ruft den Staat zu mehr finanziellem Engagement beim Lärmschutz auf. Aber er bezweifelt, dass der Flüsterasphalt „in Anbetracht der herrschenden Finanzlage noch in großem Stil zum Einsatz kommt“. Der verbesserte Splittmastix-Asphalt wird getestet, ist aber noch nicht zugelassen.
Auch interessant
Nachteil: Er dämmt weniger als „Opa“, behält aber seine „beruhigende“ Wirkung und hat eine längere technische Lebenszeit. Den Ärger, den die Lärmschutz-Fahrbahnen auf Autobahnen auslösen, kennen die Kommunen nicht. Auch sie setzen Flüsterasphalt ein. Der ist aber nicht offenporig, sondern dicht angelegt. Auch er vermindert die Fahrgeräusche um mehrere Dezibel.