Essen. . Die Rolltreppen des Berliner Flughafens sind zu kurz, im Freizeitpark am Nürburgring explodierte die größte Achterbahn der Welt beim zweiten Probelauf, bei der Neubaustrecke der Bahn zwischen Köln und Frankfurt mussten alle Lärmschutzwände herausgerissen werden. Wie kommt es zu diesen Pleiten, Pech und Pannen?
Amüsiert nehmen wir es ja schon hin. Matthias Platzeck hat bei Jauch erzählt, dass 60 bis 80 Kilometer Kühlleitungen nicht isoliert sind. Sie liegen im Hauptstadtflughafen unter Putz. Na und? Peanuts, wenn schon die Rolltreppen auf dem künftigen (?) Berliner Airport zu kurz ausgefallen sind, Regenwasser in die Hallen tröpfelt, 700 Leute angestellt werden sollten, um im Notfall die Notfalltüren per Hand zu öffnen und ohnehin weite Teile des angeblich fertigen Milliardendings in Brandenburgs Sand nur als Rohbau stehen.
Deutschland ist dabei, seinen Ruf als zuverlässiges Infrastrukturland zu verspielen. Der Flughafen in Berlin, der Bahnhof in Stuttgart, die Oper in Hamburg, das Welthandelszentrum in Bonn, der Freizeitpark am Nürburgring, wo die größte Achterbahn der Welt beim zweiten Probelauf explodierte. Können wir nicht mehr Großes bauen in funktionsfähigem Zustand, in einem akzeptablen Zeitraum und zu den prognostizierten Preisen?
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Wahr ist: Perfekt läuft es länger nicht mehr. Die Neubaustrecke der Bahn zwischen Köln und Frankfurt hatte ihre Macken. Alle Lärmschutzwände mussten herausgerissen werden, weil sie dem Druck der Hochgeschwindigkeitszüge nicht stand hileten. Sie drohten auf die benachbarte Autobahn zu fallen. In der Domstadt krachte das Stadtarchiv dank der benachbarten U-Bahn-Baustelle ein. Es gab Tote – wie auch beim Ausbau der A 1 zwischen Bremen und Hamburg, wo die Asphaltdecke nach dem Auftragen zerbröselte und das Baustellenmanagement so miserabel ausfiel, dass auf den engen Fahrspuren Dutzende schwerer Unfälle passierten.
Knapp davon gekommen ist dann der Jade-Weser-Port Wilhelmshaven. Er funktioniert - verspätet, nachdem die eingesetzten und wieder abgeknickten Spundwände erneuert wurden.
Wie kommt es zu den Pannen, und was muss anders werden?
Wie kommt es zu diesen Pleiten, Pech und Pannen, zu den Fehlplanungen, Fehlkalkulationen, zu dieser Unfähigkeit? Was muss anders werden?
Erstens: Große, teure Projekte sind in Zukunft nicht mehr ohne die Menschen zu machen, die mit ihnen leben müssen und die sie nutzen sollen. Komplizierte „Planfeststellungsverfahren“, wie es sie heute gibt, erfüllen den Anspruch nicht. Sie sind zu ersetzen durch echte Bürgerbeteiligungen und -versammlungen, gerne auch über einen Einsatz des Internets. Da wird die Politik die Wähler/Bürger fragen müssen: Brauchen wir das Projekt? Brauchen wir es so? Könnte das Ziel besser/billiger anders erreicht werden? Vielleicht hätten sich die Berliner dann für den Standort Sperenberg entschieden, einem 40 Kilometer draußen liegenden alten sowjetischen Militärflughafen mit zwei riesigen Startbahnen. Und die Zahl der vom Fluglärm betroffenen hätte sich in Grenzen gehalten.
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Zweitens: Planer mögen die Produkte ihrer Arbeit. Verständlich. Sie möchten sie verwirklicht sehen. Aber deshalb stapeln sie tief, wenn es um die Baupreise geht, selbst wenn die Kostenexplosion schon an der ersten Bauzeichnung erkennbar ist. So täuschen sie Politik und Parlamente, die sich gerne täuschen lassen, weil niedrigere Kosten wiederum den Bürgern besser gefallen. Hier läuft ein breit angelegter Selbstbetrug. Schluss damit: Die Zahlen müssen belastbar sein. Wenn „Stuttgart 21“ fünf Milliarden Euro kostet und dies absehbar ist, dann muss die Fünf-Milliarden-Rechnung auf den Tisch, bevor der erste Abgeordnete seine Ja-Stimme abgibt. Letztlich: Auch die Folgekosten sind zu berücksichtigen.
Drittens: Es gibt keinen Bau, bei dem der Bauherr schon bei Vorlage der Pläne wunschlos glücklich ist. Jeder, der einen Reihenhausbau startet, weiß aber auch, wie kostspielig Nachbesserungen während der Bauzeit ausfallen. Wenn die Bauherrn des Berliner Flughafens - die Länder Berlin und Brandenburg und der Bund - 300 Mal umplanen, während die Bagger schon baggern, kann das nicht gut gehen. Ein neues Zusammenspiel von Vorständen und Aufsichtsräten ist nötig. Die Vorstände müssen üppige Wunschzettel ausbremsen. Die Aufsichtsräte, meist Vertreter der Politik, müssen die Politik disziplinieren und notfalls zurückpfeifen.
Viertens: Am Ende sollten auch viele gesetzliche Vorgaben auf ihren Sinn hinterfragt werden – darunter die Regel, dass bei der Ausschreibung einer Bauleistung möglichst das billigste Angebot auszuwählen ist. Das billigste ist zwar nicht immer das qualitativ schlechteste. Aber oft. Und dann sind es die nächsten Generationen, die die sture Einhaltung der Regeln zahlen müssen.