Essen. . Am kommenden Wochenende wird sich im Umfeld der A42 eine neue Bürgerinitiative gegen Autobahnlärm gründen. Damit stehen sie in der Nachbarschaft in einer guten Tradition: Vor fast 40 Jahren gingen hier schon einmal 500 Menschen auf die Straße.
Gegen den Lärm des Emscherschnellwegs wird sich am kommenden Samstag die „Bürgerinitiative A42 Essen“ in der Kirche Herz-Mariä gründen. Das gab es schon einmal: Vor fast 40 Jahren gingen hier die Bürger aus Protest auf die Straße. Auf der Heide, dem Umfeld der Heßlerstraße, wiederholt sich die Geschichte.
Es war Punkt 16.30 Uhr, als an jenem Freitag am 18. Oktober 1975 die Totenglocke der Kirche Herz-Mariä läutete. Pfarrer Franz-Josef Korth war einer der Unterstützer der „Aktion gegen Umweltzerstörung“ und läutete den Schweigemarsch mit sage und schreibe 500 Teilnehmern zum Karlsplatz symbolisch ein: „Die Totenglocke für Altenessen-Nord“, nannten sie das Laut-Zeichen. „Die Menschen auf der Heide waren schon immer aktiv“, kommentiert der 81-jährige Pfarrer, der heute in Bochum lebt.
Protest gegen Lärm und Gestank
Zwei dieser streitbaren Bürger von der Heide waren Gerd und Helga Matzek. „Wir wohnten noch nicht lange dort, sind mit den Plänen für den Emscherschnellweg sehr blauäugig umgegangen. Aber als er dann da war, oh je“, erinnert sich Gerd Matzek (79). Rund zwei Jahre lang war damals das vier Kilometer lange Teilstück in Altenessen in Betrieb. Und da die A42 Meter für Meter wuchs, immer mehr Abschnitte in Betrieb gingen, stieg der Verkehr massiv an. „Das Autobahnamt sagte uns damals: ,Lärmschutzwände braucht man hier nicht’“, berichtet Matzek.
Das war nicht der einzige Anlass für den Protest. Die „Knochenmühle“ auf der Gelsenkirchener Seite, wo Mehl und Öl aus Tierknochen gewonnen wurde, verpestete die Luft. Eine Sanierung der Heßlerstraße sah einen Kahlschlag der dortigen Bäume vor. Und dann kamen auch noch Lärm und Gestank der A42 dazu. Das war zu viel.
„Willst Du dich morden, bleib im Essener Norden“
In der Küche hat Helga Matzek dann Plakate gemalt. Wohl war ihr dabei zunächst nicht. „Meine Frau dachte, das darf man nicht. Da musste sie erst der Pfarrer beruhigen“, erzählt Gerd Matzek und lacht. „Willst Du dich morden, bleib im Essener Norden“ war für die Gattin zu subversiv.
Angeführt von fünf Trommlern marschierte man schweigend los. „Während des Zugs haben sich immer mehr Leute angeschlossen“, schildert Matzek. Eine geplante Kundgebung auf dem Karlsplatz wurde von der Stadt untersagt. Doch gehört hatte man die Anwohner schon. Die „Knochenmühle“ musste ihre Verfahren ändern und ging daraufhin pleite, die Bäume wurden nicht komplett „rasiert“. Das wichtigste: Die A42 bekam in Altenessen Lärmschutzwände. Genau die, die auch heute noch zu sehen sind und den Anwohnern längst nicht mehr reichen. Ob die Matzeks der neuen Initiative beitreten? „Selbstverständlich.“
Ohne Kampf kein Lärmschutz
Auch die heutigen Aktiven der zukünftigen „Bürgerinitiative A42 Essen“ wissen: Ohne Kampf kein Lärmschutz: Das haben die heutigen Initiatoren der „Bürgerinitiative A42 Essen“, gründen wird, auch von ihren Vorgängern gelernt.
„Eigentlich ist das doch unglaublich: Die Lärmschutzwände, die uns noch heute schützen sollen, sind genau die, die vor rund 40 Jahren installiert wurden. Danach ist hier nichts mehr passiert“, stellt Janusch Rentenatus fest.
Nicht ganz, könnte man zynisch anführen. Auf ihre Anfrage, die Wände auf den aktuellen Stand der Technik zu bringen, bekamen die Initiativengründer die Antwort: Nicht mehr funktionierende Elemente seien schließlich ausgetauscht worden. „Das bringt überhaupt gar nichts. Der heutige Standard von Lärmschutzwänden sieht eine Höhe von 6,50 Meter vor, unsere sind gerade einmal geschätzte 3,30 Meter hoch“, führt Ricarda Rentenatus aus. Sie nimmt dabei die Höhe der frisch aufgebauten Wände an der benachbarten Anschlussstelle Gelsenkirchen-Heßler zum Maßstab.
Regelmäßige Kontrollen gefordert
Alte Technik, mehr Verkehr: „Wir werden immer wieder auf den Zeitpunkt vertröstet, an dem der zuständige Betrieb Straßen.NRW eigene Lärmmessungen durchführt“, erläutert Dirk Scheidat. Und das seit Jahren.
Die Nachbarn von der Heide wollen nicht mehr länger warten. Sie fordern höhere und moderne Wände, das Aufbringen von Flüsterasphalt und eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf dem Emscherschnellweg – mit regelmäßigen Kontrollen. Und sind bereit, dafür auch bis zum Äußersten zu gehen. Auf der Heide stehen sie damit in einer guten Tradition.
Alle Anlieger der A42 in Essen sind eingeladen zur Bürgerversammlung am kommenden Samstag, 20. April, ab 17 Uhr in der Kirche Herz-Mariä, Emscher-/Ecke Heßlerstraße. Hier soll die Initiative gegründet und über Ziele gesprochen werden.