Düsseldorf. . Die Verbraucherzentrale NRW klagt gegen zu hohe Anzahlungsforderungen von Reiseveranstaltern und erringt Erfolge. Nun setzt sie die deutschen Fluggesellschaften unter Druck. Sechs von ihnen hat die VZ abgemahnt, weil sie unmittelbar bei Buchung den kompletten Kaufpreis verlangen.

Kämpferisch gibt sie sich, die Verbraucherzentrale (VZ) NRW. Dem Höhenflug der Reiseveranstalter bei Pauschalreisen habe man bereits die Flügel gestutzt, heißt es. Nun wollen die Verbraucherschützer die Fluggesellschaften auf den Boden holen. Grund für die angriffslustigen Worte sind die sogenannte Anzahlungsforderungen. Wer eine Pauschalreise oder einen Flug bucht, der zahlt vorab einen bestimmten Betrag. Das ist üblich.

Strittig zwischen Verbraucherschützern und den Mitgliedern der Reisebranche ist, wie viel und wie weit im Voraus gezahlt wird.

Teils bis 100 Prozent des Gesamtpreises im Voraus werden verlangt

Beispiel Reiseveranstalter: Nach Angaben der VZ sollte ein Kunde bereits elf Monate vor Reisebeginn den vollen Preis bezahlen, immerhin 3480 Euro. Ein extremes Beispiel, doch das Vorgehen ist aus Sicht der Verbraucherschützer gängig: Weit im Voraus sollen Reisende teils 25 bis 100 Prozent des Gesamtpreises vorauszahlen. Bezahlung ohne Leistung, sagen die Kritiker.

„Bei einem Umsatz von 24, 2 Milliarden Euro genehmigen sich die Veranstalter mit ihren Vorauszahlungsforderungen im Kleingedruckten einen zinslosen Kredit in Millionenhöhe“, sagte gestern Klaus Müller, Chef der NRW-Verbraucherzentrale, in Düsseldorf.

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Gegen fünf Große der Reisebranche zog seine Organisation deshalb vor Gericht und erstritt erste Erfolge. So befand das Landgericht Frankfurt im März, dass ein Anzahlungsbetrag von mehr als 20 Prozent die Kundenposition zu stark schwächt. Auch bei der Zahlungsfrist urteilte das Gericht verbraucherfreundlich. Die Restsumme dürfe der Veranstalter frühestens 30 Tage vor Reisebeginn einfordern. Das Oberlandesgericht Dresden stärkte diese Position ebenfalls.

Sechs Airlines sind abgemahnt

Rechtskräftig ist bislang keines der Urteile, und vier weitere Verfahren laufen. Ob diese Einzelurteile Allgemeingültigkeit erlangen, ist abzuwarten. Noch hat der Verbraucher also keinen Nutzen von den Rechtsstreitigkeiten.

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Der Deutsche Reiseverband schiebt den schwarzen Peter zudem weiter: „Der Reiseveranstalter gibt in bestimmten Fällen nur die Forderungen der Fluggesellschaften weiter“, so ein Sprecher. Ein Argument, das die Veranstalter auch vor Gericht ins Feld führten. Die hohen Anforderungszahlungen bei Fluggesellschaften seien üblich.

„Ein hilfreicher Hinweis“, sagt Verbraucherschützer Müller. Denn nun kämpft die VZ an dieser Front mit gleichen Waffen: In der vergangenen Woche mahnte sie sechs Airlines ab, weil diese häufig schon mit Buchung und damit teils Monate im Voraus den vollen Flugpreis verlangen. Betroffen sind Condor, TUI fly, Germanwings, Lufthansa, Germania und Air Berlin.

Kein Schutz wenn Fluggestellschaft Pleite geht

Gleich zweifach haben Fluggäste nach Auffassung der Verbraucherschützer durch die Vorauszahlungen das Nachsehen: Sollte eine Fluggesellschaft pleitegehen, bestehe das Risiko, gezahltes Geld nie wieder zu sehen. Mit dem Geld gebe der Fluggast zudem sein wichtigstes Druckmittel aus der Hand, falls die Fluglinie vertragliche Leistungen nicht einhalte.

Die Forderung lautet: Wie bei den Pauschalreisen sollen die Kunden frühestens 30 Tage vor Abreise den Gesamtbetrag zahlen müssen. Mit der Abmahnung ist den Fluggesellschaft eine knappe Frist gesetzt: Wenn diese nicht bis Ende Mai erklären, ob sie auf die kundenunfreundlichen Klauseln verzichten, will die VZ klagen.

Der Verband der Deutschen Fluggesellschaften nahm zu den Vorwürfen bislang nicht Stellung.