Berlin. . Acht von zehn Männern glauben, dass Familienförderung im Job zu sehr auf Frauen zugeschnitten ist. Wo „Familie“ drauf steht, ist oft bloß „Mütter“ drin – glauben viele Väter. Studien zeigen, dass Unternehmen von zufriedenen Eltern profitieren. Revierkonzerne halten die Debatte für überflüssig.
Familienfreundlich wollen sie heute alle sein — vom kleinen Handwerksbetrieb bis zum Energieriesen. Das Credo der Personalchefs: Wer Eltern fördert, braucht sich um den Fachkräftemangel keine Sorgen zu machen. Doch wo „Familie“ drauf steht, ist oft bloß „Mütter“ drin – glauben viele Väter. Immer mehr Unternehmen setzen deshalb auf eine „Väterkultur“. Im Revier finden das viele unnötig.
Peter Kespohl hat drei Söhne und arbeitet bei der Telekom in Bonn. „Bei der Familienförderung wird viel über Frauen gesprochen, aber die Väter werden nicht wahrgenommen.“ Seit einigen Jahren gibt es deshalb bei der Telekom das Väternetzwerk „Heimspiel“. Ein paar Dutzend Väter machen mit, Vorstandchef René Obermann hat die Schirmherrschaft übernommen. Auch Jörg Eggebrecht, Patchwork-Vater mit drei Kindern, ist dabei: „Dass die Konzernleitung dahinter steht, ist wichtig. Es soll nicht der Eindruck entstehen, dass sich da bloß Spinnerte treffen.“
Nur jedes sechste Unternehmen setzt auf eine Väter-Förderung
In einer Umfrage der Hamburger Unternehmensberatung Väter gGmbH sagen acht von zehn Vätern, dass Maßnahmen für die Vereinbarkeit zu stark auf Frauen ausgerichtet seien. Beispiel: Anders als bei Müttern werde es oft nicht akzeptiert, wenn ein berufstätiger Vater nicht zur Arbeit kommt, weil das Kind krank ist oder die Kita geschlossen.
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Laut einer Studie des Kölner Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) setzt nur jedes sechste Unternehmen auf eine besondere Väterförderung, etwa, indem es Väter ermuntert, mehr Zeit mit der Familie zu verbringen, Elternzeit zu nehmen oder Teilzeit zu arbeiten.
Dabei zeigen Studien, dass Unternehmen von zufriedenen Eltern profitieren. Sie sind motivierter und bringen Fähigkeiten mit, die keine Schulung liefert: „Viele männliche Mitarbeiter kommen mit einer hohen sozialen Kompetenz aus der Elternzeit wieder, die wir ihnen so nicht hätten antrainieren können“, sagen Personalberater wie Torsten Bittlingmaier.
Teilzeitmodell für Väter scheitern oft
Die Telekom gehört zu den Vorreitern der Väterkultur – mittlerweile gibt es aber auch in anderen Branchen Netzwerke, Workshops und Seminare, die sich extra an Väter wenden. Das Ziel: Väter sollen im Unternehmen sichtbarer werden, Vorgesetzte sollen offen mit ihrer eigenen Väterrolle umgehen und Probleme mit der Vereinbarkeit von Vaterschaft und Beruf erkennen und beheben. In einer Forsa-Umfrage beklagte jeder dritte Vater, dass Teilzeitmodelle scheitern, weil die Angst vor beruflichen Nachteilen zu groß und der Arbeitgeber nicht einverstanden ist.
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Doch längst nicht alle Unternehmen springen auf den Zug auf: Beim Essener Chemiekonzern Evonik gibt es keine eigene Väterkultur. „Wir setzen insgesamt auf eine familienbewusste Unternehmenspolitik“, so Sprecherin Edda Schulze. Auch bei RWE gibt es keine Väternetzwerke, „und es wird auch keine geben. Das gibt es für die Mütter auch nicht“. Laut RWE-Sprecherin Brigitte Lambertz setzt das Unternehmen auf flexible Lösungen für alle – mit Betriebskitas und Home-Office-Tagen.
Vereinbarkeit von Familie und Beruf hängt vom direkten Vorgesetzten ab
Thomas Denny ist Abteilungsleiter in der Essener RWE-Konzernzentrale, seine Tochter ist zwei, das zweite Kind gerade unterwegs. „Ich brauche keine Väternetzwerke. Um mich mit anderen Vätern auszutauschen, muss ich nur eine Etage rauf oder runter gehen.“ Der 34-Jährige glaubt: Ob es gut läuft, für junge Väter mit Familie und Job, liegt am Ende vor allem am direkten Vorgesetzten.
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Denny hat einen familienfreundlichen Chef. Mitte vierzig, drei Kinder. „Da ist nicht die Frage, ob ich in Elternzeit gehe, sondern wann.“ Aber wird er als Führungskraft künftig auch mal eine Vier-Tage-Woche machen können, um mehr Zeit für die Kinder zu haben? Da zögert Denny: „Ob und wie man das umsetzen kann, wird sich zeigen.“ Selbstverständlich ist es noch längst nicht.