Düsseldorf. Neuer Lebensmittel-Schock: Über verseuchten Futtermais könnten giftige Schimmelpilze in Milch gelandet sein. 15 Höfe in NRW sollen belastetes Futter bekommen haben. Nach Einschätzung des Bundesinstituts für Risikobewertung gebe es keine akute Gesundheitsgefahr für Menschen.

Mit hochgiftigen Schimmelpilzen belasteter Mais aus Serbien ist in Tierfutter für 15 Höfe in Nordrhein-Westfalen gelandet. Außerdem habe ein Mischfutterhersteller knapp über 1000 Tonnen des verseuchten Maisfutters bezogen, von denen 200 Tonnen schon verarbeitet wurden, wie ein Sprecher des NRW-Landwirtschaftsministeriums am Freitag sagte. Auch dessen Kunden könnten betroffen sein. Über niedersächsische Futtermittelhersteller waren insgesamt 10.000 Tonnen verseuchten Maises in Umlauf gekommen, der größte Teil gelangte an mehr als 3500 Höfe in Niedersachsen.

An den 15 Höfen in den Kreisen Lippe, Minden-Lübbecke und Steinfurt werde nun überprüft, ob das betroffene Futter etwa an Milchkühe verfüttert worden sei. "Es ist nicht auszuschließen, dass Milch auch schon zu Molkereien gelangt ist", sagte der Ministeriumssprecher. Eine Gesundheitsgefahr für Verbraucher durch die belastete Milch hielten Experten vom Bundesinstitut für Risikobewertung aber zunächst für unwahrscheinlich.

Remmel mahnt strengere Kontrollen an

NRW-Landwirtschaftsminister Johannes Remmel (Grüne) mahnte in Düsseldorf strengere Selbstkontrollen der Betriebe an. "Wir müssen die Kontrollen verstärken und die Eigenkontrollen auf ein Niveau bringen, dass sie wirklich auch wirksam sind", sagte Remmel am Freitag in Düsseldorf. Die Milch werde in Nordrhein-Westfalen von 400 Kontrolleuren überwacht. "Wir hatten seit über zehn Jahren keine großen Auffälligkeiten zu verzeichnen." Es gelte nun, alle Lieferwege nachzuverfolgen, um herauszufinden, wie die Verseuchung entstanden sei. "Wir müssen identifizieren, wo es Lücken gibt."

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Ob ausschließlich Milchbetriebe betroffen seien, konnte das Ministerium zunächst nicht sagen. Auf den sieben belieferten Höfen im Kreis Steinfurt - in Hopsten, Hörstel, Tecklenburg, Westerkappeln und Rheine - hätten Veterinäre bereits ein Teil des Futters aus dem Verkehr gezogen, sagte eine Sprecherin des Kreises. Dieses werde nun zentral bei den Lieferanten kontrolliert. Von der Milch der Kühe, die belastetes Futter gefressen haben, seien Proben genommen worden, hieß es in einer Mitteilung. Im Kreis Minden-Lübbecke sind fünf Bauernhöfe betroffen, auf denen Rinder gehalten werden. Ergebnisse von Futterproben könnten in der kommenden Woche vorliegen.

Zulässiger Höchstwert um das Zehnfache überschritten

Insgesamt waren 45.000 Tonnen verseuchten Maisfutters aus Serbien nach Deutschland importiert worden, 35.000 waren aber entdeckt und gesperrt worden. Der zulässige Höchstwert des Schimmelpilzgiftes im Mais von 0,02 Milligramm pro Kilo sei um mehr als das Zehnfache überschritten worden, berichtete das niedersächsische Landwirtschaftsministerium. Schon geringe Überschreitungen der Höchstmenge könnten zu einer kritischen Belastung von Rohmilch führen. Wenn Molkereien die Milch von verschiedenen Höfen abholen, wird sie den Angaben zufolge vermischt.

Laut Bundesinstitut birgt verseuchtes Tierfutter keine Gefahr 

Der krebserregende Mais im Tierfutter birgt nach Einschätzung des Bundesinstituts für Risikobewertung keine akute Gesundheitsgefahr für Menschen. Institutspräsident Andreas Hensel sagte der Nachrichtenagentur dpa am Freitag: "Hier haben wir im Moment keine Anzeichen für eine Gesundheitsgefährdung des Verbrauchers." Deutschlandweit waren Tausende Tonnen verseuchtes Futter ausgeliefert worden, am stärksten betroffen ist Niedersachsen mit 3500 Höfen.

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"Dass Schimmelpilze auf Lebensmitteln und Futtermitteln wachsen, ist völlig normal. Es gibt kaum Getreide, auf dem nicht auch diese Pilze wachsen und auch Gifte bilden", sagte Hensel. "Wir haben also hier erstmal einen Normalfall und noch keine Krise und noch kein Skandal." In den Futtermitteln seien nun offensichtlich Pilzgifte in etwas höheren Konzentrationen als in der zulässigen Form festgestellt worden. So sei es wohl passiert, dass Futtermittel an Höfe verteilt und daraus Mischfuttermittel hergestellt worden seien, die dann beispielsweise an Milchkühe verfüttert worden seien.

Weitere Untersuchungen folgen

"In den Konzentrationen, in denen wir uns im Moment bewegen, selbst wenn also Tankmilchproben überschritten sind, hat das mit Gesundheitsgefährdung erstmal nichts zu tun, sondern ist die Unterscheidung, ist diese Milch handelbar oder nicht handelbar?", sagte der Experte. Die Wissenschaft habe viele Sicherheitsfaktoren entwickelt, die verhindern, bis beim Menschen unerwünschte Effekte feststellt würden.

Es muss nach Angaben von Hensel im gegenwärtigen Fall noch viel untersucht werden. "Das wird dadurch erschwert, dass diese Aflatoxine relativ schwierig analytisch darstellbar sind. Das heißt, das geht nicht schnell. Also wir brauchen mindestens zwei Tage, um hier überhaupt einen Befund zu bekommen." Solche Grenzwertüberschreitungen gebe es fast jeden Tag europaweit, dann greife die Überwachung. (dpa)