Essen. . Die Bekleidungsketten H&M, Adler und Reno gewähren Kunden Rabatt auf Neuware, wenn sie Altkleider mitbringen und wollen damit den Textilmüllberg eindämmen. Und lukrativ kann es zudem sein: Mit einer Tonne Lumpen lassen sich leicht 400 Euro erzielen. Damit treten sie in Konkurrenz zu den gemeinnützigen Sammlern.
Zwischen 750.000 und einer Million Tonnen Altkleider legen die Menschen in Deutschland Jahr für Jahr ab. Auf dem Riesenmarkt tummeln sich karitative und private Unternehmen. Aber auch immer mehr Händler wollen einen Stück vom Kuchen abhaben. Jetzt will auch die Modekette Hennes & Mauritz (H&M) Altkleider gegen Rabatt tauschen.
Mit der Aktion will H&M am Donnerstag in 80 Filialen starten. „Wir wollen einfach Müll reduzieren“, sagt Anna-Kathrin Bünger von der schwedischen Kette. Pro abgegebener Tüte sollen Kunden einen Rabattgutschein über 15 Prozent auf einen Artikel erhalten.
400 Euro für eine Tonne Lumpen
Hennes & Mauritz schließt sich damit dem System „I:CO“ an, das die Schweizer Firma I:Collect ins Leben gerufen hat. Zu den 34 Partnern gehören auch die deutschen Ketten Adler und Reno. Der Textilist Adler sammelte 2012 nach eigenen Angaben knapp 500 Tonnen alte Kleider. Bei Reno kommen 1,5 Kilogramm alte Schuhe pro Filiale und Tag zusammen.
Dafür zahlt Reno 50 Cent Nachlass pro zehn Euro Einkaufswert auf neu gekaufte Schuhe. C&A testet Altkleiderrabatte gerade in den Niederlanden. Für H&M sei die Altkleideraktion ein Baustein in ihrer „Nachhaltigkeitsstrategie“, hieß es.
Mit ausrangierten Textilien können die Unternehmen Geld verdienen. Mit einer Tonne Lumpen lassen sich leicht 400 Euro erzielen. Seit 2010, meldet der Branchendienst Euwid, seien die Preise für Altkleider um 80 Prozent nach oben geschossen. Sortierbetriebe zahlen bis 45 Cent pro Kilogramm.
Die Verbraucherzentrale NRW reagiert gelassen auf die neuen Altkleidertrends: „Jeder Verbraucher muss für sich selbst entscheiden, ob er seine alten Kleider karitativen Zwecken spendet, Gutscheine annimmt, sie bei Ebay verkauft oder einfach in den Müll wirft“, sagt Experte Philip Heldt. Seit Jahren warnt die Verbraucherzentrale allerdings vor unseriösen Altkleider-Sammlern, die sich als gemeinnützige Organisationen ausgeben, aber allein kommerzielle Interessen verfolgen. „Verbraucher sollten wissen, was mit ihren Kleiderspenden passiert“, so Heldt.
Alleinstellungsmerkmal überzeugt Bürger
In Mülheim etwa wissen die Leute, was mit den Säcken passiert, die sie in die Container werfen. Hier leert das Diakoniewerk Arbeit & Kultur die Behälter. Im Gegensatz zu anderen karitativen Einrichtungen fürchtet dessen Geschäftsführer Ulrich Schreyer die Konkurrenz durch die wachsende Altkleidersammlung des Handels nicht. „Wir bieten Beschäftigungsmöglichkeiten vor Ort und verkaufen gut erhaltene Textilien in unseren eigenen Secondhandläden“, sagt Schreyer. Ein Alleinstellungsmerkmal, das Bürger bei der Wahl der Altkleiderspende überzeuge.
50 Arbeitslose in Qualifizierungsmaßnahmen sind in Mülheim mit dem Altkleidertransport, der Sortierung und in Secondhandläden beschäftigt. Von den 1200 Tonnen, die pro Jahr zusammenkommen, sind laut Schreyer nur bis 25 Prozent so gut erhalten, dass sie verkauft werden können. Der Rest landet im Müll.