Stuttgart. Neues Kapitel der Übernahmeschlacht von Porsche und VW: Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun auch gegen Aufsichtsräte des Sportwagenbauers. Es geht um die Frage, ob Anleger gezielt hinters Licht geführt wurden. Die Aufsichtsräte wären nicht die Ersten, die deswegen ins Visier der Behörde geraten.

Neue Wendung im Wirtschaftskrimi um die Übernahmeschlacht von Porsche und VW: Nach Klagen gegen den früheren Porsche-Chef Wendelin Wiedeking und den Ex-Finanzvorstand Holger Härter ermittelt die Staatsanwaltschaft nun auch gegen Aufsichtsräte des Sportwagenbauers. Sie stehen nach einem "Spiegel"-Bericht im Verdacht, gegen das Wertpapierhandelsgesetz verstoßen zu haben. Die Anklagebehörde war am Montagabend für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

Dem Aufsichtsrat gehören neben dem VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch und dem Chefkontrolleur von Porsche, Wolfgang Porsche, unter anderem auch die Familienmitglieder Hans-Michel Piech, Ferdinand Oliver Porsche sowie der ehemalige Henkel-Chef Ulrich Lehner an.

Weiterer Ex-Porsche-Manager unter Verdacht

Hintergrund ist der spektakuläre und gescheiterte Versuch von Porsche, die Macht beim wesentlich größeren VW-Konzern zu übernehmen. Die Staatsanwaltschaft ist überzeugt, dass Anleger und Finanzwelt gezielt hinters Licht geführt wurden, als 2008/2009 die heiße Phase der Übernahmeschlacht tobte.

Die Behörde hat zudem einen weiteren Ex-Porsche-Manager im Visier: Gegen den früheren Unternehmenssprecher Anton Hunger wird wegen des Verdachts zur Beihilfe der Marktmanipulation ermittelt, wie Hunger der Nachrichtenagentur dpa bestätigte.

Mögliche Verstöße könnten im März verjähren

Die Porsche-Dachgesellschaft SE wollte sich zu der Sache auf vorerst nicht äußern. Man könne die Situation noch nicht einschätzen, erklärte ein Sprecher.

Dass die Ermittlungen nun ausgeweitet werden, könnte damit zusammenhängen, dass mögliche Gesetzesverstöße im März dieses Jahres verjährt wären. Die neuen Ermittlungen könnten demnach auch dazu dienen, die Verjährung auszusetzen.

Aklage gegen Wiedeking und Härter

Bereits im Dezember hatte die Staatsanwaltschaft in dem Zusammenhang Anklage gegen Wiedeking und Härter wegen Marktmanipulation erhoben. Ob das Ex-Managerduo wegen der Vorwürfe tatsächlich in einem gemeinsamen Prozess vor den Richter muss, ist allerdings noch nicht entschieden. Wiedeking und Härter wiesen die Vorwürfe über ihre Anwälte in einer gemeinsamen Stellungnahme als haltlos zurück. Gegen Härter war bereits im vergangenen September ein Prozess wegen Kreditbetrugs gestartet.

Wiedeking und Härter hatten sich dem "Spiegel" zufolge stets darauf berufen, dass der Aufsichtsrat von Porsche während der versuchten Übernahme von VW jeden Schritt zum Erwerb weiterer Aktienpakete genehmigt hatte.

Aktienkurse durch falsche Informationen manipuliert?

Die Anklagebehörde vermutet demnach nun, dass dessen Mitglieder gegen Paragraf 20a des Wertpapierhandelsgesetztes verstoßen haben. Dabei geht es um die Manipulation von Aktienkursen durch falsche Informationen.

Für den Aufsichtsrat wäre es nicht das erste juristische Nachspiel nach der schmutzigen Übernahmeschlacht: Bereits vor einem Jahr hatte das Oberlandesgericht Stuttgart die Entlastung des gesamten Aufsichtsrates der Porsche SE für das Geschäftsjahr 2008/09 für nichtig erklärt. Geklagt hatte damals der Verein "Verbraucherzentrale für Kapitalanleger". Dieser hatte kritisiert, Vorstand und Aufsichtsrat der Porsche SE hätten bei der Übernahmeschlacht mit VW riskant gehandelt.

Laut OLG hatte VW-Patriarch Piëch seine Pflichten als Aufsichtsrat der Porsche SE währenddessen verletzt. Piëch hatte demnach sinngemäß gesagt, er habe sich keine Klarheit über die Risiken der Optionsgeschäfte von Porsche verschaffen können. Nach Ansicht des OLG habe es jedoch zu Piëchs "Kardinalpflichten" als Aufsichtsrat der Porsche SE gehört, wichtige Geschäfte des Unternehmens zu erfassen. (dpa)