Essen. Mehr als 60 Jahre hat Porsche gebraucht, um erstmals eine viertürige Limousine zu bauen. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Der Panamera im Test.

Tränenreich verabschiedete sich Wendelin Wiedeking im Sommer als Porsche-Boss. Unfreiwillig machte er seiner Firma und der Welt ein Abschiedsgeschenk. Damit wird der Panamera zum Vergiss-mein-nicht des wendelinischen Zeitalters in Zuffenhausen. Erinnerungswürdig ist er allemal, der Panamera.

Über sechs Jahrzehnte brauchte Porsche, um erstmals eine viertürige Limousine zu bauen. An Entwürfen hat es nie gemangelt, sie kamen aber nie über die Idee eines um zwei Türen verlängerten Neunelfers hinaus. Die Ergebnisse schwankten beständig um den absoluten Nullpunkt des Automobildesigns.

Der Patient lebt

Wiedeking braucht 15 Jahre, um aus zwei Baureihen vier zu machen. Letzte Amtshandlung, das hohe SUV-Monster Cayenne flach zu legen, mit einer Elfer-ähnlichen Front zu versehen und dessen seit immerhin 1963 klassischen Buckel in eine Fließheckpartie umzuformen.

Operation gelungen? Ja, der Patient lebt. Die Menschen drücken sich, wenn sie einen erwischen, die Nasen platt. Manchmal, bis die Alarmanlage auslöst. Um einen sehr bekannten Kinderbuchtitel von Tigerenten-Erfinder Janosch zu gebrauchen: Oh, wie schön ist Panam(er)a! Lang, breit, flach war eben schon immer eine Erfolgsformel für ein emotional ansprechendes Automobil.

Die vorausberechenbare Papierform löst der Panamerikaner auf der Straße ein. Mit dem langen Radstand fällt der Komfort deutlich höher aus als beim Neunelfer, wenn man ihn nicht durch monströse Gummiwalzen zerstört. Mit geringerem Schwerpunkt und Gewicht lässt er das Trummartige des Cayenne vergessen. Der Panamera ist der wahre GT, den Porsche seit dem (zweitürigen) 928 nicht mehr hatte. Das Kürzel für Gran Turismo kann er nicht tragen, weil man es in Stuttgart inflationär verwendet hat. Eine ganze Reihe von Extremsport-Versionen des Elfers tragen es zur Schau.

Rücksicht durch die Fensterklappe geht gegen null

Die GTs von Porsche sind allesamt eher das Gegenteil eines bequemen wie schnellen Reisewagens. Im Panamera lässt es sich gepflegt reisen. Aus der Reise sollte nur nicht gleich ein Urlaub für vier werden, denn dafür ist der Kofferraum zu klein. Wie beim Fünfer GT geht die Rücksicht durch die Fensterklappe gegen null. Zwei sitzen hinten sehr gut, aber auch sehr tief.

Der 4,8 Liter große Porsche-Achtzylinder kann außerhalb des Cayenne endlich zeigen, dass er auch halbwegs haushalten kann. Zumindest in der getesteten „Basisversion” mit 400 PS und ohne Allradantrieb. Wir reden hier von 13 Litern bei schneller Autobahnfahrt, was Ökolobbyisten für eine Todsünde halten.

Für 2600 Euro Aufpreis brummt der Sond bassiger

Im Stadtverkehr explodiert der Verbrauch trotz Start-Stopp-Automatik und Direktschaltgetriebe, und der große Wendekreis setzt der Wendigkeit Grenzen. Das ansonsten sehr gute Siebenganggetriebe zeigt Schwächen beim Anfahren und Rangieren. Es ist mit 3500 Euro für Porsche-Verhältnisse günstig. Einen „PanAm”-Turbo mit 500 PS für 135 000 Euro katapultiert die Aufpreisliste unaufhaltsam Richtung nächste Hunderttausendergrenze.

Dass der Panamera nicht billig sein darf, versteht sich von selbst. Dass manches wie billige Effekthascherei wirkt, ist jedoch unverständlich. Nach dem Anlassen dreht der Motor erst einmal automatisch hoch, eine peinliche Angeberei. Verzichten ließe sich auch auf die Sport- und die Sport-plus-Tasten auf der mit Schaltern übersäten Mittelkonsole. Die Ausfahrtaste für den Heckspoiler ist natürlich nur sinnvoll, um ihn im Stand reinigen zu können. Meine Lieblingtaste trägt ein doppeltes Auspuffendrohr, kostet 2606 Euro und zehn Cent und lässt den Sound bassiger brummen.

Was ich mir von dem 100 000-Euro-Auto wünschen würde? Nur ein Dezent-wie-möglich-Paket als Sonderausstattung.