Stuttgart. . Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat Klage eingereicht: Dem ehemaligen Porsche-Chef Wendelin Wiedeking wird vorgeworfen, er habe im Zuge der Übernahmeschlacht zwischen dem Sportwagenbauer und Volkswagen im Jahr 2008 falsch über seine Absichten informiert. Ob es zu einer Verhandlung kommt, ist noch offen.
Wendelin Wiedeking hat sich längst neuen Geschäften zugewandt. Doch jetzt holt den ehemaligen Porsche-Chef die Vergangenheit wieder ein. Der 60-Jährige muss sich wegen des Verdachts der Marktmanipulation möglicherweise vor Gericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart erhob Anklage gegen Wiedeking und Holger Härter, den Ex-Finanzvorstand des Zuffenhausener Sportwagen-Herstellers. Porsche hatte unter Wiedeking 2008 durch komplizierte Aktiengeschäfte versucht, den wesentlich größeren Mitbewerber Volkswagen zu schlucken. Das Geschäft platzte, VW übernahm später Porsche. Wiedeking musste gehen.
VW-Aktie schoss auf 1000 Euro
Die Angeklagten sollen nicht korrekt über ihre Pläne informiert haben, so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft. „Den Angeschuldigten wird vorgeworfen, in von ihnen im Jahr 2008 veranlassten öffentlichen Erklärungen des Unternehmens in Bezug auf den Beteiligungserwerb an der Volkswagen AG unrichtige Angaben gemacht zu haben“, heißt es in einer Mitteilung der Behörde. Porsche habe zwischen dem 10. März und dem 2. Oktober 2008 „in mindestens fünf öffentlichen Erklärungen eine bereits bestehende Absicht zur Aufstockung seiner Beteiligung an der Volkswagen AG auf 75 % dementiert“, so die Mitteilung weiter. Wiedeking und Härter hätten jedoch spätestens im Februar 2008 die Absicht gefasst, die Beteiligung Porsches an VW noch im ersten Quartal 2009 auf 75 Prozent zu erhöhen. Das Ziel: Porsche wollte bei VW die Macht übernehmen.
Bei Wiedekings Abschied flossen Männer-Tränen
Im Zuge der Übernahmeschlacht schoss der Aktienkurs von VW zeitweise von 200 auf über 1000 Euro, um dann wieder abzustürzen. Anleger, die zur Hochzeit der Aktie einstiegen, mussten empfindliche Verluste hinnehmen.
Wiedeking und Härter bestreiten die Anschuldigungen. Ihre Anwälte erklärten, die Vorwürfe seien „weitestgehend unbegründet“. Mehr noch: Die Anklage sei „massiv zusammengeschmolzen“. Fakt ist: Die Staatsanwaltschaft hat den Verdacht der Untreue gegen Wiedeking fallen gelassen. Der Vorwurf, er habe durch den Übernahmeversuch die Existenz von Porsche vorsätzlich aufs Spiel gesetzt, ist mittlerweile vom Tisch. Ein weiteres Ermittlungsverfahren wurde ebenfalls eingestellt: Die Anschuldigung, Wiedeking habe mit Hilfe einer Bank den VW-Aktienkurs beeinflusst, ließ sich nicht erhärten.
Das Landgericht Stuttgart muss nun entscheiden, ob die Vorwürfe gegen Wiedeking und Härter überhaupt für eine Verhandlung ausreichen. Doch bis dahin können noch Monate vergehen. Im Falle einer Verurteilung drohen Wiedeking bis zu fünf Jahre Haft.
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Von Porsche zu Pasta
Die versuchte Übernahme von VW kostete Porsche Milliarden. Der Volkswagen-Konzern rettete den Sportwagenhersteller vor der Pleite, indem er ihn übernahm. Dabei war es Wiedeking, der Porsche aus der Versenkung holte. Als der Manager 1993 das Ruder übernahm, war Porsche am Boden. Die Verkaufszahlen waren im Keller, die Qualität der Autos mies. Wiedeking entrümpelte die Modellpalette, straffte Arbeitsabläufe und brachte mit dem „kleinen“ Boxter und dem Geländewagen Cayenne zwei Modelle auf den Markt, die sich blendend verkauften. Auch die Legende 911 machte er wieder konkurrenzfähig.
Nach seinem Ausscheiden beim Autobauer wandte sich Wiedeking neuen Geschäften zu – von Porsche zu Pasta. Zurzeit plant der Mann mit dem Schnauzbart die Eröffnung einer Restaurantkette in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Mit Vialino, so der Name, will Wiedeking dem Platzhirschen Vapiano Konkurrenz machen.