Berlin. . Eine geplante EU-Richtlinie ebnet den Weg für eine Privatisierung des Wassergeschäfts. Die Kommunen befürchten, dass in diesem Fall die Preise steigen und Investitionen in die Infrastruktur zurückgefahren werden. Als warnende Beispiele dienen Frankreich und Großbritannien.
Städte und Gemeinden sind besorgt. Grund ist eine von der EU-Kommission geplante Richtlinie. Darin werden die Bedingungen für die Vergabe von Konzessionen für Wasser an Privatunternehmen festgelegt. „Wir müssen damit rechnen, dass diese Richtlinie der Privatisierung im Wasserbereich Tür und Tor öffnet“, warnt Münchens Oberbürgermeister Christian Ude, der auch Präsident des Deutschen Städtetages ist. Die Kommunen befürchten, dass in diesem Fall die Preise steigen und Investitionen in die Infrastruktur zurückgefahren werden.
Der zuständige EU-Kommissar für den Binnenmarkt, Michel Barnier, sieht diese Gefahr nicht. „Der Richtlinienvorschlag enthält keine Verpflichtung zur Vergabe dieser Leistungen am Markt“, beschwichtigt er. Das ist zwar faktisch richtig, doch in der Praxis könnte dies anders aussehen.
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Denn der Entwurf verlangt immer dann eine Ausschreibung der Wasserversorgung, wenn diese nicht von einer nur dazu gegründeten rein kommunalen Gesellschaft übernommen wird. Das ist in Deutschland oft nicht der Fall. Es gibt vielerorts Stadtwerke, die zum Beispiel auch Energie oder Dienstleistungen anbieten. In diesen Fällen müssten die Städte und Gemeinden Konzessionen für die Wasserversorgung ausschreiben.
Hoffnung auf sinkende Preise erfüllten sich nicht
Über den Nutzen einer Öffnung des Marktes für die Bürger gehen die Meinungen auseinander. Die Hoffnung auf sinkende Preise hätten sich weder in Frankreich noch in England erfüllt, erläutert Ude. So werden in Frankreich Trinkwasser und Abwasser durch Drittfirmen wie Veolia bewirtschaftet. Die Folgen bekamen etwa die Bewohner von Paris zu spüren. Die Preise stiegen immer weiter an, bis die Stadt reagierte und die Versorgung 2009 an sich zog.
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In Großbritannien ging die Politik einen radikalen Weg und privatisierte das Wassergeschäft komplett mitsamt den Leistungsnetzen. 1999 kaufte RWE einen Großteil des Londoner Netzes. Die Qualität der Versorgung verschlechterte sich. Mitunter tröpfelte das nasse Gut nur mit geringem Druck aus dem Hahn. Fast ein Drittel des Wassers ging durch Leitungslecks verloren. Der Londoner Bürgermeister Ken Livingstone gab den Einwohnern den sarkastischen Rat, auf die Klospülung zu verzichten und das Wasser für den Tee aufzusparen. Als es zu schlimm wurde, richtete die Regierung schließlich eine Regulierungsbehörde ein, die Investitionen verlangte. RWE zog sich Mitte des letzten Jahrzehnts wieder aus London zurück.
Die Bürger rebellierten
Auch die Berliner können ein Lied von der Privatisierung singen. Um die Stadtkasse zu füllen, veräußerte der Senat 1999 knapp die Hälfte der Anteile an seinen Wasserbetrieben an die Unternehmen Veolia und RWE. Seitdem stiegen die Wasserpreise um 35 Prozent. Die Bürger rebellierten, der Senat kaufte RWE nun die Anteile ab. Mit Veolia wird noch gesprochen. Die Wasserpreise sollen um 15 Prozent gesenkt werden. Das hohe Preisniveau bleibt den Berlinern aber erhalten. Schließlich muss der Rückkauf finanziert werden. Städte im Ruhrgebiet haben Gelsenwasser zurückgekauft, Potsdam ihre alten Wasserbetriebe.
Doch auch der Betrieb durch die öffentliche Hand bedeutet nicht zwangsweise niedrige Preise. Das Kartellamt hat die Stadtwerke Mainz zu einer Preissenkung um 15 Prozent gezwungen.