Berlin. Die Eröffnung des neuen Berliner Flughafens muss abermals verschoben werden. Der geplante Termin 27. Oktober 2013 sei für den BER nicht zu halten, heißt es. Dass eine Eröffnung des Berliner Flughafens 2013 unrealistisch sei, hatte sich bereits seit Wochen abgezeichnet.

Vom künftigen Berliner Hauptstadt-Airport wird auch in diesem Jahr kein Flugzeug abheben. Wie die "Bild"-Zeitung unter Berufung auf interne Unterlagen berichtet, hat die Flughafen-Gesellschaft Berlin-Brandenburg (FBB) die für den 27. Oktober 2013 geplante Eröffnung des BER abgesagt. Die neuerliche Terminabsage sei in Aufsichtsratskreisen bestätigt worden, berichteten die Berliner Tageszeitung "B.Z." und zwei zuverlässige Quellen der Nachrichtenagentur dpa. Der Piraten-Politiker Martin Delius, der den Untersuchungsausschuss der Berliner Abgeordneten zur Aufklärung des Debakels um den künftigen Hauptstadtflughafen leitet, rügte die Informationspolitik der Flughafen-Gesellschaft scharf.

"Die FBB informierte am 18.12.2012 die Gesellschafter und die anwesenden Firmenvertreter (...) über die Terminabsage", zitiert "Bild" aus dem Vermerk einer Baufirma. Bei der vertraulichen Besprechung im Besucherzentrum in Schönefeld habe Technik-Chef Horst Amann eine Eröffnung 2013 ausgeschlossen. Hauptproblem sei, dass beim Brandschutz abweichend von der Baugenehmigung gebaut wurde, heißt es in dem Papier.

Die Bauaufsichtsbehörde schrieb dem Bericht zufolge am 28. Dezember 2012 einen mahnenden Brief an den Brandschutzplaner des Flughafens. Darin heißt es: "Die Genehmigung zu erreichen, wird Zeit und Kraft verlangen." Der zuständige Beamte schreibt auch, er werde sich nicht "verbiegen, um den Murks zur Genehmigung zu führen".

Erneute Verschiebung der Eröffnung zeichnete sich bereits ab

Der Vorsitzende des BER-Untersuchungsausschusses, Delius, reagierte sauer auf die Meldung. "Dass wir aus der Boulevardpresse erfahren müssen, dass der Eröffnungstermin 2013 eventuell nicht zu halten sein wird, ist eine Frechheit", sagte Delius dem ZDF-Onlineportal heute.de. Alle hätten erwarten dürfen, darüber noch 2012 informiert zu werden. Dass eine Eröffnung des Berliner Flughafens 2013 unrealistisch sei, habe sich bereits seit Wochen abgezeichnet, sagte Delius. "Im Moment wird noch immer nicht mit 100 Prozent an der Baustelle gearbeitet."

Die Inbetriebnahme des neuen Hauptstadtflughafens in Schönefeld wurde wegen Mängeln in der Bauplanung und technischer Probleme schon mehrfach verschoben. Unter anderem gab es Probleme mit der Brandschutzanlage. Zuletzt hatten Schwierigkeiten bei der Kühlung des zentralen Computersystems für Schlagzeilen gesorgt. Kurz vor dem Jahreswechsel hatte Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) für den Bund als Miteigentümer auch den 27. Oktober 2013 als Eröffnungstermin in Zweifel gezogen. Auch Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) hatte Mitte Dezember erklärt, angesichts der noch anstehenden "riesigen Probleme" könne für den Eröffnungstermin im Oktober "keiner eine Garantie abgeben".

Gesamtkosten für den Airport liegen bei mindestens vier Milliarden Euro

Ursprünglich sollte der Airport "Willy Brandt" längst in Betrieb sein. Am 8. Mai 2012 sagte der Flughafen aber überraschend die zunächst für den 3. Juni 2012 geplante Eröffnung ab. Der Aufsichtsrat setzte den 17. März 2013 als neuen Eröffnungstermin fest. Doch auch dieser Termin musste korrigiert werden. Im September 2012 verständigte sich der Aufsichtsrat auf eine Inbetriebnahme des BER im Herbst 2013. Die Gesamtkosten für den Airport werden mittlerweile auf mehr als vier Milliarden Euro geschätzt. Anteilseigner sind die Länder Berlin und Brandenburg mit je 37 Prozent und der Bund mit 26 Prozent. (dapd/dpa)

Die unendliche Geschichte des Hauptstadtflughafens in Schönefeld 

Das Flughafensystem in der Hauptstadtregion wird seit Anfang der 1990er neu geordnet. Dabei ging es zunächst um den Verkauf der Berlin Brandenburg Flughafen Holding (BBF) als Dach der drei Flughäfen Schönefeld, Tempelhof und Tegel. 1992 begann die BBF mit der Planung eines Großflughafens südlich von Berlin. 1993 kamen Schönefeld, Sperenberg und Jüterbog als Standorte in die engere Wahl. Gegen die Empfehlungen aus dem Raumordnungsverfahren einigten sich die BBF-Gesellschafter Bund, Berlin und Brandenburg 1996 auf Schönefeld. Die Flughäfen Tempelhof und Tegel sollten geschlossen werden.

20 Unternehmen und 7 Konsortien bewarben sich um die Konzession zum Bau des Großflughafens. Den Zuschlag erhielt im März 1999 ein Konsortium um den Essener Baukonzern Hochtief. Damals war die Eröffnung des neuen Flughafens für 2007 geplant.

Im August 1999 kassierte das Brandenburgische Oberlandesgericht den Vergabebescheid. Die Richter gaben einer Beschwerde des unterlegenen Bonner Mitbewerbers IVG statt und erklärten den Verkauf der Flughafen-Holding für rechtswidrig. Nach Einschätzung des Gerichts war bei der Ausschreibung des Flughafens gegen das Diskriminierungsverbot sowie gegen das Gebot zur Neutralität und Gleichbehandlung verstoßen worden.

Gescheiterte Privatisierung

Es folgten fast drei Jahre währende Verhandlungen zwischen Wirtschaft und Politik. Begleitet wurden sie von massiven politischen Querelen und zahlreichen Personalwechseln bei den Beteiligten. Neu ausgeschrieben wurde das Projekt nicht.

Ende August 2002 unterzeichnete ein Bieterkonsortium aus Hochtief und IVG sowie Projektplanungsgesellschaft Schönefeld (PPS) eine Absichtserklärung zum Ausbau des Flughafens. Zuvor hatten sich die Gesellschafter mit dem Konsortium auf den Bau des Milliardenprojekts geeinigt. Die Planungen gingen von einer Inbetriebnahme des Flughafens 2008/2009 aus.

Im Mai 2003 scheiterte die Privatisierung, weil die Bewerber aus Sicht der Gesellschafter finanzielle Risiken abwälzen wollten. Der Flughafen sollte nun in öffentlicher Trägerschaft gebaut werden.

Parallel zum Privatisierungsverfahren liefen die Planungen für den Flughafen an. Im Dezember 1999 reichte die Flughafen Berlin-Schönefeld GmbH (FBS) den Planfeststellungsantrag ein. Der Ausbau wurde am 13. August 2004 genehmigt. Allerdings reichten im November 2004 fast 4.000 Flughafengegner Klagen beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig ein. Am 14. April 2005 gab das Gericht zunächst Eilanträgen der Flughafengegner statt und verfügte einen vorläufigen Baustopp für das inzwischen mehr als zwei Milliarden Euro teure Projekt.

Anschließend wählte das Gericht vier Musterklagen aus, im Februar 2006 begann die mündliche Verhandlung. Hauptstreitpunkte waren die Lärmbelastung und die Standortentscheidung. In ihren Plädoyers forderten die Anwälte der Flughafen-Anrainer einen Verzicht auf das Projekt. Im März 2006 genehmigte das Gericht jedoch den damals noch Berlin Brandenburg International (BBI) genannten Airport - allerdings unter strengen Auflagen. So verlangten die Richter eine Einschränkung der Nachtflüge.

Zahlreiche juristische Auseinandersetzungen

Das brandenburgische Infrastrukturministerium legte daraufhin im Oktober 2009 einen Planergänzungsbeschluss zum Lärmschutzkonzept vor. Demnach gilt zwar in der Kernzeit von 0.00 bis 5.00 Uhr ein Flugverbot, in den Randzeiten von 22.00 bis 24.00 Uhr und von 5.00 bis 6.00 Uhr sind aber bis zu 103 Flugbewegungen pro Nacht möglich.

Gegen diese Nachtflugregelung zogen erneut betroffene Gemeinden und Anwohner vor das Bundesverwaltungsgericht. Sie verlangten ein generelles Nachtflugverbot von 22.00 bis 6.00 Uhr, konnten sich aber nicht durchsetzen. Das Gericht bestätigte im Oktober 2011 in letzter Instanz den Planergänzungsbeschluss für den inzwischen in BER - so lautet das internationale Flughafenkürzel - umbenannten Airport.

Anrainer streiten trotzdem weiter für ein umfassendes Nachtflugverbot. Bei einem Volksbegehren in Brandenburg kamen 2012 mehr als 106.000 Unterschriften zusammen. Jetzt muss der Landtag sich erneut mit dem Anliegen befassen. Lehnt das Parlament ein generelles Nachtflugverbot ab, entscheiden die Brandenburger 2013 bei einem Volksentscheid über mögliche Neuregelungen.

Im Jahr 2012 gingen zudem die gerichtlichen Auseinandersetzungen weiter. Dieses Mal ging es um die von der Deutsche Flugsicherung (DFS) festgelegten Flugrouten. Demnach sollen Flugzeuge nicht - wie jahrelang angenommen - unmittelbar nach dem Start einige Kilometer geradeaus, sondern auf abknickenden Routen über dicht besiedelte Gebiete fliegen. Das Bundesverwaltungsgericht wies diese Klagen ab. Weitere Klagen sind beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg anhängig.

Juristische Auseinandersetzungen gab und gibt es weiter um den Schallschutz für die Anwohner. Anfang Juli 2012 verfügte das Infrastrukturministerium aufgrund eines OVG-Beschlusses einen besseren Schallschutz. Dagegen wollte die mittlerweile Flughafen Berlin Brandenburg GmbH (FBB) genannte Flughafengesellschaft juristisch vorgehen. Der Aufsichtsrat rief sie jedoch zurück und schlug einen Kompromiss mit einer neuen Schallschutzregelung vor. Diese Regelung wird aber ebenfalls wieder von Anrainern per Klage angegriffen.

Eröffnung des Flughafens frühestens 2014

Trotz der jahrelangen juristischen Auseinandersetzungen wurden die Bauarbeiten für den Flughafen fortgesetzt. Im November 2011 begann der Probebetrieb. Getestet wurden unter anderem die Gepäckförderanlage und das Check-in. Mitte April wurde der Tower offiziell eröffnet.

Am 8. Mai 2012 sagte der Flughafen völlig überraschend die zunächst für den 3. Juni 2012 geplante Eröffnung ab. Hauptgrund waren Probleme mit der Brandschutzanlage. Der Aufsichtsrat setzte den 17. März 2013 als neuen Eröffnungstermin fest. Doch auch dieser Termin musste korrigiert werden. Im September 2012 verständigte sich der Aufsichtsrat auf eine Inbetriebnahme des Airports am 27. Oktober 2013. Doch nun ist offenbar auch dieser Termin nicht zu halten. Laut "Bild"-Zeitung hat die Flughafen-Gesellschaft den Termin abgesagt. Nun ist von frühestens 2014 die Rede. Die Gesamtkosten für den Airport werden mittlerweile auf 4,3 Milliarden Euro geschätzt. (dapd)