Berlin. . Der künftige Hauptstadtflughafen in Berlin wird womöglich um eine weitere Viertelmilliarde Euro teurer. Die tatsächlichen Baukosten übertreffen laut einem Medienbericht von Donnerstag die bisherigen Angaben wahrscheinlich um 200 bis 250 Millionen Euro.

Im Streit um den künftigen Großflughafen in Schönefeld werfen Gegner des Projekts dem Betreiber die "Vortäuschung falscher Tatsachen" gegenüber der EU vor. Sowohl im aktuellen als auch im früheren Beihilfeverfahren sei der EU-Kommission mangelhaftes Material übergeben worden, sagten Vertreter der Friedrichshagener Bürgerinitiative (FBI) und der Naturfreunde Berlin am Donnerstag. Zugleich gab es Berichte, wonach der Airport aufgrund der umfangreichen Pannen beim Bau noch einmal eine Viertelmilliarde Euro teurer werde. Brandenburgs Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) dementierte das jedoch.

"Die EU-Kommission ging 2009 unter anderem davon aus, dass Berlin mit dem neuen Airport weniger von Lärm und Emissionen betroffen sein wird", sagte die von der FBI beauftragte Anwältin Franziska Heß. Auch aktuelle Unterlagen würden die wahren Auswirkungen des neuen Flughafens unterschlagen. Dazu zähle, dass der Airport anderen Großflughäfen Konkurrenz machen werde.

Entscheidungshilfe für die EU in Brüssel

Heß schickte der EU-Kommission umfangreiche Materialien zum Flughafen nach. Dazu zählen kartierte Lärmskizzen, Pressetexte sowie die lärmfachliche Bewertung des Umweltbundesamtes zu den Flugrouten. Das Amt hatte sich für ein völliges Nachtflugverbot von 22.00 bis 6.00 Uhr über der Region ausgesprochen. Hess bezeichnete die Papiere als "Entscheidungsgrundlage" für die EU.

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Das neue Beihilfeverfahren musste angeschoben werden, weil der Flughafen wesentlich teurer wird als ursprünglich geplant. Die Flughafen Berlin Brandenburg GmbH rechnet mit Zusatzkosten von 1,2 Milliarden Euro. Das Geld sollen die Gesellschafter - der Bund sowie die Länder Berlin und Brandenburg - aufbringen. Solche staatlichen Hilfen müssen von der EU genehmigt werden.

Der Flughafen südöstlich von Berlin soll Berichten zufolge insgesamt statt ursprünglich 2,8 nun mindestens 4,3 Milliarden Euro kosten. Nach einem Bericht der "Bild"-Zeitung vom Donnerstag droht allerdings eine weitere Verteuerung um 200 bis 250 Millionen Euro. Hintergrund seien Auseinandersetzungen mit Baufirmen. Christoffers betonte aber, die bereits kalkulierten Zusatzkosten in Höhe von 1,2 Milliarden Euro seien ausreichend, um den Airport und den Schallschutz für die Anwohner fertigzustellen.

Erneut wird der Rücktritt von Flughafenchef Schwarz gefordert

Aus Sicht zahlreicher Politiker zeigen die neuen Schlagzeilen, dass Flughafenchef Rainer Schwarz abgelöst werden muss. Berlins CDU-Generalsekretär Kai Wegner sagte, der BER sei das wichtigste Infrastrukturprojekt der Hauptstadtregion. Sollte sich eine weitere Kostenexplosion bestätigen, müsse Schwarz zurücktreten.

Grünen-Bundestagsfraktionschefin Renate Künast fragte: "Was muss Herr Schwarz eigentlich noch alles tun, bis er die Rückendeckung von Klaus Wowereit verliert?" Berlins Regierender Bürgermeister riskiere mit dem Festhalten an Schwarz die Eröffnung des Flughafens im Oktober 2013. Er solle Schwarz fristlos kündigen und dann selbst Platz machen für einen neuen Aufsichtsratsvorsitzenden.

Auch Martin Lindner, der Vizevorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, griff den SPD-Politiker an: Wowereit habe den Flughafen zur Chefsache erklärt. Inzwischen wisse jeder, was das bedeute: "Verzögerung, Verteuerung, Vertuschung". Der CDU-Bundestagsabgeordnete Karl-Georg Wellmann sagte der Online-Ausgabe des "Handelsblatts": "Es verstärkt sich immer mehr der Eindruck, dass personelle Konsequenzen dringend notwendig sind." (dapd)