Hamburg. . Seit Jahren hat sich das Sozialgefälle in Deutschland verstärkt. Durch die gute Beschäftigungslage und die Tariferhöhungen hat sich die Situation der unteren Einkommensgruppen nun verbessert - während die reicheren Schichten stagnieren. Wegen der Finanzkrise ist aber sehr unsicher, ob sich der Trend fortsetzt.

Die Einkommensschere in Deutschland hat sich einer Studie zufolge wegen des besseren Arbeitsmarktes erstmals seit Jahren wieder etwas geschlossen. Die verfügbaren Einkommen der unteren 40 Prozent der Bevölkerung legten im Jahr 2010 im Vergleich zu 2009 real um etwa zwei Prozent zu, wie das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in seiner am Donnerstag veröffentlichten Untersuchung feststellte. Die mittleren und oberen verfügbaren Einkommen stagnierten dagegen. "Der jahrelange Trend einer Erhöhung der Einkommensungleichheit scheint gestoppt", fasste DIW-Ökonom Markus Grabka zusammen.

Grund dafür ist demnach die Erholung am Arbeitsmarkt. "Der ärmere Teil profitierte von höheren Tariflohnsteigerungen und einem Anstieg der Zahl von Personen mit Erwerbseinkommen um 700.000", sagte Grabka. "Der reichere Teil der Bevölkerung musste dagegen Rückgänge bei den Einkommen aus Vermögen hinnehmen." Ob sich die Schere noch weiter schließt, bleibt ungewiss. "Die Konjunktur trübt sich derzeit ein und die aktuell noch gute Arbeitsmarktentwicklung könnte von der Euro-Krise gebremst werden", sagte der Experte.

Armutsrisiko bleibt gleich

Trotz der Einkommenszuwächse hat sich das Armutsrisiko aber kaum verringert. 14 Prozent der in Deutschland lebenden Menschen müssen mit höchstens 60 Prozent des mittleren Einkommens auskommen - das entspricht etwa 990 Euro monatlich - und gelten damit als armutsgefährdet. Im Krisenjahr 2009 hatte es mit 15 Prozent noch einen Negativrekord gegeben.

Die leichte Verbesserung beschränkt sich allerdings auf Westdeutschland. "In Ostdeutschland lebt noch immer jede fünfte Person unterhalb der Armutsrisikoschwelle", sagte DIW-Forscher Grabka. "Insgesamt scheint es Deutschland aber gelungen zu sein, die sozialen und ökonomischen Risiken der Wirtschafts- und Finanzkrise einzugrenzen."