Berlin. Der jüngere Bruder von Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg setzt sich für die Interessen der Waldbesitzer ein: Philipp Freiherr zu Guttenberg warnt vor Verzögerungen bei der Energiewende und verweist auf zu erwartende Klagen von Waldbesitzern, denen Enteignungen im Zuge des Netzausbaus drohen.

Einen Spitznamen hat er schon. „Der grüne Guttenberg“ wird Philipp Freiherr zu Guttenberg (39) genannt. Der jüngere Bruder des ehemaligen Bundesverteidigungsministers hat Ökologie und Forstwirtschaft studiert, ist Herr über 4000 Hektar Wald in der Steiermark. Auch ein Amt in Berlin hat er übernommen. Guttenberg ist Präsident der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände. In dieser Funktion vertritt er die Interessen der Waldbesitzer – auch in Sachen Energiewende.

Guttenberg warnt vor Verzögerungen bei der Energiewende und verweist auf zu erwartende Klagen von Waldbesitzern, denen Enteignungen im Zuge des Netzausbaus drohen. „Es ist überaus verständlich, dass viele Waldbesitzer gegen die Enteignungen klagen und den Instanzenweg gehen“, sagt Guttenberg. „Gerichtsverfahren dauern meist Jahre. So würde der Netzausbau gehörig verzögert.“

Guttenberg spricht sich zugleich für moderate Strompreiserhöhungen aus, um die Ansprüche der Waldbesitzer zu befriedigen. Er fordert „eine wiederkehrende Vergütung“, die mit einer Miete vergleichbar sei. „In unserem Fall würde sich der Strom um 0,008 Cent pro Kilowattstunde verteuern – das entspricht rund 28 Cent im Jahr für einen durchschnittlichen Vier-Personen-Haushalt.“

Lassen Sie uns über die Energiewende sprechen, Herr Guttenberg. Hat ein Waldbesitzer wie Sie einen anderen Blick auf das Thema?

Philipp Freiherr zu Guttenberg: Wie wohl die meisten Bürger interessiert mich die Frage, wie unsere Energieversorgung sicher, bezahlbar und effizient sein kann. Die Energiewende ist dringend notwendig, aber es gibt noch einige Dinge, über die wir nachdenken sollten. Die breite gesellschaftliche Akzeptanz, die für ein Jahrhundertprojekt wie dieses erforderlich wäre, gibt es noch nicht.

Ein wichtiger Aspekt der Energiewende ist der Bau neuer Stromnetze. Durch Deutschlands Wälder müssen Schneisen geschlagen werden. Sind die Waldbesitzer damit einverstanden?

Guttenberg: Mit dem derzeitigen Verfahren können wir nicht zufrieden sein. Waldeigentümer haben keine Wahl: Sie werden enteignet und mit einer einmaligen Zahlung von zehn bis 20 Prozent des Verkehrswerts der Fläche abgespeist, wenn eine Stromtrasse entstehen soll. Wir müssen für die Energiewende ein Sonderopfer bringen, verlieren aber unseren Wald für immer. Die Waldbesitzer wollen keinesfalls die Energiewende verhindern, erwarten aber eine angemessene Entschädigung.

Was wäre aus Ihrer Sicht denn angemessen?

Guttenberg: Es geht um mehr als den Ausgleich für den Verlust der forstlichen Produktion. Die staatliche Entschädigung sollte berücksichtigen, dass es sich bei den Stromnetzen um ein einträgliches Geschäft Dritter handelt. Daher fordern wir auch eine wiederkehrende Vergütung, vergleichbar einer Miete. Deren Höhe könnte ähnlich gestaltet sein wie die staatlich garantierten Eigenkapitalrenditen der privaten Netzbetreiber. Es kann nicht sein, dass die Waldbesitzer dienen und die Netzbetreiber verdienen.

Das hieße, der Strompreis für die Verbraucher würde weiter steigen.

Guttenberg: Wir reden nicht ansatzweise über Summen, die beispielsweise für die Förderung erneuerbarer Energien oder als garantierte Rendite der Netzbetreiber im Gespräch sind. In unserem Fall würde sich der Strom um 0,008 Cent pro Kilowattstunde verteuern – das entspricht rund 28 Cent im Jahr für einen durchschnittlichen Vier-Personen-Haushalt.

Was passiert, wenn Sie kein Gehör finden?

Guttenberg: Es ist überaus verständlich, dass viele Waldbesitzer gegen die Enteignungen klagen und den Instanzenweg gehen. Gerichtsverfahren dauern meist Jahre. So würde der Netzausbau gehörig verzögert. Umso wichtiger ist es, die Akzeptanz der Energiewende insgesamt zu verbessern – vom Verbraucher bis zum Waldbesitzer.

Warum melden Sie sich erst jetzt zu Wort?

Guttenberg: Wir haben uns auch in der Vergangenheit zu Wort gemeldet, verfügen aber nicht über die Lobby der vier großen Energieversorger. Wenn Eon, RWE, EnBW und Vattenfall auch nur flüstern, finden sie schon Gehör. Wir haben es auf Grund der heterogenen Struktur unserer Branche weniger leicht. Künftig wollen wir bei den Energiegipfeln mit am Tisch sitzen.

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Geht es Ihnen dabei nur um das Thema Netzausbau?

Guttenberg: Es geht um weit mehr. Der heimische Rohstoff Holz in der stofflichen und energetischen Verwertung liefert einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz und zur Energiewende. Bei der Wärmeproduktion zum Beispiel liegt der Holzanteil bei rund 70 Prozent der erneuerbaren Energien. Insgesamt sprechen wir über 150.00 Betriebe in ganz Deutschland. Die Forst- und Holzwirtschaft ist eine der Schlüsselbranchen Deutschlands. 1,2 Millionen Menschen, mehr als in der Autoindustrie, finden hier Arbeit.