Rheda-Wiedenbrück. Steuerermittlungen der Staatsanwaltschaft, Streit in der Familie: Die Anwälte von Fleisch-Unternehmer und Schalke-Boss Clemens Tönnies haben viel zu tun. Es geht auch darum, wer die Macht hat im Fleisch-Imperium der Familie Tönnies. Derweil wird wohl auch gegen den ehemaligen Schalke-Funktionär Schnusenberg ermittelt.

Clemens Tönnies hat an vielen juristischen Fronten zu kämpfen. Der Unternehmer, der Fußballfans als Aufsichtsratschef des Bundesligisten Schalke 04 bekannt ist, führt einen der größten deutschen Fleischkonzerne. Seine Familienfirma aus dem ostwestfälischen Rheda-Wiedenbrück ist ein Milliarden-Betrieb.

15,5 Millionen Schweine pro Jahr werden in den Tönnies-Fabriken geschlachtet und zerlegt. Zu den Kunden von Tönnies gehören Supermärkte, Discounter und Wurstfabriken in der ganzen Republik. Als „Fleisch-Fürst“ wird Tönnies oft bezeichnet.

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Doch nun gibt es Unruhe im Tönnies-Reich. Seit Wochen schwelt ein Streit zwischen Clemens Tönnies (56) und seinem Neffen Robert. Der 35-jährige, Sohn des Firmengründers Bernd Tönnies, kritisiert den „patriarchalischen Führungsstil“ in der Firma und kämpft um die Macht im Fleischkonzern.

Hackfleisch-Verfahren eingestellt

Ausgerechnet in der ohnehin angespannten Situation ist Clemens Tönnies auch in das Visier der Staatsanwaltschaft geraten. Etwa 20 Ermittler von Steuerfahndung und Staatsanwaltschaft durchsuchten am Dienstag Büros des Fleischunternehmers. „Es geht um den Verdacht der Steuerhinterziehung von Clemens Tönnies persönlich“, sagte der Bielefelder Oberstaatsanwalt Klaus Pollmann. „Das Verfahren hat nichts mit seiner Tätigkeit bei Schalke 04 zu tun.“

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Schon in der Vergangenheit sah sich Clemens Tönnies mit Anschuldigungen konfrontiert. Vor dem Landgericht Essen wehrte sich der Unternehmer gegen den Vorwurf, Fleisch falsch etikettiert zu haben: Hackfleisch, das der Konzern verkaufte, soll weniger Rindfleisch enthalten haben als angegeben. Das Verfahren wurde gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt.

Klage im November erwartet

Nun muss sich Tönnies auf neue juristische Auseinandersetzungen gefasst machen. Wie zu hören ist, wollen die Anwälte von Robert Tönnies im November Klage gegen den Firmenchef einreichen. Robert fordert von Clemens Tönnies einen Firmenanteil zurück, den er seinem Onkel im Jahr 2008 geschenkt hatte. Im Raum steht der Vorwurf, der Beschenkte habe sich des „groben Undanks“ schuldig gemacht. Sollte Robert Tönnies Erfolg haben, könnte er die Macht im Fleischimperium übernehmen. Eifrig wird darüber spekuliert, was dann möglich wäre – etwa ein Börsengang der Firma. Ob Onkel und Neffe den Streit durch eine finanzielle Lösung beilegen können, ist völlig offen.

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Auch das Steuerverfahren dürfte Monate dauern. Tönnies-Sprecher Markus Eicher zeigte sich irritiert über das Vorgehen der Ermittler. „Wir kennen die Vorwürfe. Sie reichen teilweise zurück bis ins Jahr 2004“, sagt er. „Wir haben uns seither immer sachlich mit den Behörden ausgetauscht, und es ist für uns unverständlich, warum die Behörden in regelmäßigen Abständen glauben, zu solchen Mitteln greifen zu müssen.“ Vorwürfe hätten sich auch in der Vergangenheit „nicht erhärtet“, betonte Eicher. „Wir werden auch diese Vorwürfe sachlich abarbeiten und widerlegen.“

Wirbel kurz vor dem Revierderby

Doch zunächst einmal herrscht Unruhe in dem Unternehmen, das rund 9000 Menschen beschäftigt. Bemerkenswert ist auch, dass die Öffentlichkeit diesmal auf die Razzia bei Tönnies aufmerksam wurde. „Es gab solche Durchsuchungen in der Vergangenheit, ohne dass dies an die Öffentlichkeit gedrungen wäre“, betonte Oberstaatsanwalt Pollmann. Als die Ermittler am Dienstag anrückten, war Firmenchef Tönnies übrigens im Urlaub. Am Samstag dürfte er aber wieder im Lande sein. Schalke 04 und Borussia Dortmund treffen sich zum Revierderby. (we)

Steuerrazzia wohl auch bei Berater von Fleischproduzent Tönnies 

Die Steuerermittlungen im Umfeld des Fleischunternehmers und Fußballfunktionärs Clemens Tönnies weiten sich aus. Neben dem Aufsichtsratsvorsitzenden des Fußball-Bundesligisten Schalke 04 ermittelt die Staatsanwaltschaft Bielefeld auch gegen den Steuerexperten Josef Schnusenberg, wie die "Süddeutsche Zeitung" ohne Angabe von Quellen berichtet. Schnusenberg ist Berater der Tönnies-Gruppe und war ebenfalls viele Jahre lang Funktionär bei Schalke 04.

Auch bei Schnusenbergs Büros in Rheda-Wiedenbrück soll die Justiz demzufolge am Dienstag vorstellig geworden sein. Bislang war nur bekannt gewesen, dass die Büros des Fleischunternehmers Tönnies am Dienstag von etwa 20 Steuerfahndern und Polizisten durchsucht worden waren. Nach Informationen der Zeitung geht es in dieser Steuersache um Stiftungen namens Gafluna und Overseas und einen Firmenmantel namens Orgaplan in Liechtenstein. (dapd)