Essen. . Der Produktions-Leiter des Tönnies-Konzerns erklärt vor Gericht die Details der Hackfleisch-Herstellung. Er und sein Boss sind wegen Etikettenschwindel angeklagt - der Angeklagte relativiert das: Um exakte Mixturen gehe es gar nicht.

Mehrfach ist der Tönnies-Fleischkonzern in der Vergangenheit von den Behörden wegen eines „erheblich zu niedrigen“ Rindfleischanteils im „gemischten Hackfleisch“ angemahnt worden. Auch ein Bußgeldbescheid erging, wurde am Landgericht Essen im Prozess gegen Firmenboss Clemens Tönnies und zwölf leitende Mitarbeiter seiner Firma bekannt.

Tönnies selbst, gleichzeitig Aufsichtsratsvorsitzender von Schalke 04, will sich erst an einem weiteren Prozesstag äußern. Sein mitangeklagter Produktionsleiter Josef Tillman sagte aber aus und räumte den niedrigeren Rindfleischanteil beim Produkt „Hackfleisch gemischt“ für Supermarktketten ein. Verantworten müssen sich die Tönnies-Mitarbeiter und ihr Chef wegen „Falschetikettierung“, weil auf den Verpackungen aufgedruckt stand: 45 Prozent Rindfleisch, 55 Prozent Schweinefleisch. Laut Josef Tillmann habe man damit aber nur garantieren wollen, dass der Rindfleischanteil nicht über 45 Prozent komme, weil das Produkt sonst unter die nach der BSE-Krise strengere Rindfleischverordnung gefallen wäre.

"Dauernd wechselnde Anteile"

Richter Wolfgang Schmidt hielt dem 57-jährigen Produktionschef vor, dass laut früheren Vernehmungen die Einkäufer der Supermarktketten betont hätten, einen Rindfleischanteil unter 45 Prozent hätten sie nie akzeptiert. Das wies Tillmann zurück: Das Thema habe nie eine Rolle bei den Verhandlungen gespielt, die auf höchster Ebene geführt worden seien. Das Geschäft mit Hackfleisch im Supermarkt sei neu gewesen und deren Vertreter hätten vor allem eines bestätigt haben wollen: die Garantie, dass das Produkt einwandfrei sei und es zu keinen Rückrufaktionen wegen Gesundheitsgefährdung kommen müsse.

Vor der BSE-Krise hätte der Anteil beim „Hackfleisch halb und halb“ nie eine Rolle gespielt. Entscheidend sei, dass das Produkt den richtigen Fettanteil aufweise und geschmacklich so gut sei, dass der Kunde es kaufe. In der BSE-Krise habe es sogar Zeiten gegeben, dass die Salami anderer Hersteller keinerlei Rindfleisch beinhaltet habe, auch wenn es anders deklariert gewesen sei. Auch in Metzgereien spiele der Anteil von Rind- und Schweinefleisch keine Rolle. Tillmann: „Das sind dauernd wechselnde Anteile. Das geschieht auch heute noch in jedem Fleischerfachgeschäft. Der Kunde bekommt immer einen unterschiedlichen Anteil.“

"Wirtschaftliche Gründe spielten keine Rolle"

Wirtschaftliche Gründe spielten dabei keine Rolle, es hänge mit der komplizierten Produktion zusammen. Bei Tönnies sei die Rezeptur so eingestellt worden, dass der Rindfleischanteil zwischen 25 und 35 Prozent lag. Tillman sieht auch keine Höherwertigkeit von Rindfleisch: „Beim Rinderfilet vom Jungbullen ist das so. Aber beim Fleisch von der Kuh, das für Hackfleisch genutzt wird, nicht. Und den hochwertigen westfälischen Knochenschinken können Sie nur vom Schwein machen.“

In den Jahren 2005 und 2006 hatte der Konzern mehrfach Schreiben der Behörden erhalten. Stichproben hätten ergeben, dass der Rindfleischanteil nur bei Werten um elf Prozent gelegen hätte. Die Firma wurde auch mit einem Bußgeldbescheid belegt. Tillmann erklärt dies mit aus seiner Sicht „unzuverlässigen Analysemethoden“ der Behörden. Einmal hätte er deshalb auch zu einem Testbetrieb eingeladen. Einen Tag lang hätten Behördenmitarbeiter die Produktion begleitet, erzählt er. So sei klar geworden, dass die Analyse auch dann ein falsches Mischungsverhältnis widerspiegele, wenn die Fleischsorten entsprechend der Deklaration verarbeitet würden. Das Bußgeld habe die Firma wegen des Fehlverhaltens eines einzelnen Mitarbeiters bekommen. Der habe an diesem Testtag für die Produktion einer Charge gemischten Hackfleisches das Schweinefleisch als Rindfleisch protokolliert.“