Dortmund. Die rot-grün regierten Bundesländer starten eine Bundesratsinitiative, um die Verbraucher vor überhöhten Kosten bei Konotüberziehung zu schützen. Ob sie sich durchsetzen können, ist mehr als fraglich. Denn Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat schon abgewunken.

Schluss mit maßlos überzogenen Dispozinsen – das fordern Länderminister heute auf der Verbraucherschutzministerkonferenz in Hamburg. Rot-grün regierte Länder wie Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg preschen dabei vor. Im Sommer hatte Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) ebenfalls die vergleichsweise hohen Zinsen für Überziehungskredite bemängelt und faire Kondition und volle Transparenz für die Verbraucher gefordert.

Die Initiative der Länderminister zielt nun aber auf eine gesetzliche Deckelung des Zinssatzes ab.

Auch bisher dürfen die Kreditinstitute die Dispozinsen nicht jederzeit komplett freihändig erhöhen, ohne ihre Kunden zu warnen. Bei einer Veränderung müssen sie sich an einem Referenzzinssatz orientieren. Institute wie die Sparkassen in der Region tun das heute bereits. Dabei kann es der Zinssatz sein, zu dem sich Banken untereinander Geld leihen – genannt Euribor. Oder der EZB-Leitzins als Kenngröße. Letzterer liegt aktuell nur noch bei 0,75 Prozent, vor einem Jahr notierte er noch bei 1,5 Prozent.

Bundesfinanzminister Schäuble hat schon abgewunken

Hier setzt die Kritik der Verbraucherschützer und -minister an. Während sich die meisten Zinssätze auf niedrigstem Niveau bewegen, hat sich beim Dispo kaum etwas getan. „Etwa einen halben Prozentpunkt sind sie gegenüber dem Vorjahr gesunken“, sagt Stephanie Pallasch von „Finanztest“, die für die Novemberausgabe gerade die jüngsten Angaben von Hunderten Kreditinstituten auswertet.

Die Sätze für Dispositionszinsen lägen ohne hinreichende Gründe auf unverhältnismäßig hohem Niveau, finden Länderminister wie Nordrheinwestfalens Johannes Remmel (Grüne). Die Fachkonferenz der Verbraucherminister, die ab heute in Hamburg tagt, kann aber lediglich empfehlen. Und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat schon gegenüber seiner Unionskollegin im Kabinett, Ilse Aigner, abgewunken. Niemand sei verpflichtet, den Überziehungskredit in Anspruch zu nehmen, so Schäuble.

Und wenn es mal sein muss? Immerhin sei laut Bundesverbraucherministerium in diesem Jahr bereits jeder Vierte in diese Verlegenheit gekommen.

Europaverband der Selbstständigen unterstützt die Länderinitiative

Dann sollte das nicht länger als ein paar Tage oder wenige Wochen dauern, rät Jürgen Wienpahl, Sprecher der Sparkasse Unna. Denn dann sei es auch nicht allzu teuer: „Dazu gehört aber finanzielle Disziplin.“ Einen staatlichen Eingriff auf Preise in einer Volkswirtschaft hält Wienpahl für problematisch. Mit 11,75 % liegt die Sparkasse Unna beim „Dispo“ im Mittelfeld. Die Sparkassen Hagen und Siegen liegen bei 11,64 %, Dortmund bei 11,97 %, Lünen mit 12,55 % etwas höher und Lüdenscheid lediglich bei 10,99 %. Die Deutsche Bank nimmt aktuell 12,75 %, die Commerzbank 13,24 %. Noch einmal mächtig teuerer wird es, wenn auch dieser Kreditrahmen überzogen wird. Dann springt der Zinssatz bei der Commerzbank beispielsweise auf satte 18,74 %.

Der Europaverband der Selbstständigen unterstützt die Länderinitiative und hält die derzeitigen Dispozinssätze für „mehr als unanständig. Man kann sie durchaus als Wucher bezeichnen“, sagt ESD-Präsident Kuni Ludwig Both. Maximal 5 bis 7 Prozent über dem Leitzinsniveau sollten seiner Ansicht nach die Kosten für die Überziehung des Girokontos betragen – also maximal 8 Prozent.

Rot-Grün spreche sich aber im Gegensatz zu der Partei Die Linke gar nicht für eine fixen Maximalzinssatz aus, sondern für eine klare gesetzliche Bindung an einen Leitzins, erklärte ein Sprecher des NRW-Verbraucherschutzministeriums gegenüber der WR.