Berlin. Ein Gutachten des Umweltbundesamtes attestiert der Methode zur Gasförderung in tiefen Gesteinsschichten ein hohes Gefährdungspotenzial - vor allem für Trinkwasser. Würde man die vorhandenen Vorkommen nutzen, wäre die Versorgung in Deutschland für 13 Jahre gesichert. In NRW wird Fracking vorerst keine Rolle spielen.

Die Nutzung von Gasvorkommen in unzugänglichen Gesteinsschichten wird in NRW in den nächsten Jahren keine Rolle spielen. Das ist das Ergebnis eines Gutachtens, dass am Freitag von Umwelt- und dem Wirtschaftsministerium vorgestellt werden soll. Die Experten kommen darin zu dem Ergebnis, dass zunächst weitreichende Forschungen über die Lagerstätten und die Risiken abgeschlossen werden müssten. Beobachter erwarten, dass die Landesregierung den Vorschlägen folgt.

Auch ein Gutachten des Bundesumweltministeriums und des Umweltbundesamtes (UBA) will die neuen Fördermethoden allenfalls unter strengen Auflagen zulassen. Bei der sogenannten Fracking-Methode wird ein Gemisch aus Sand, Wasser und Chemikalien in das Gestein gepresst, um es aufzubrechen und das Gas freizusetzen. Kritiker befürchten die Verschmutzung der Umwelt und die Verunreinigung des Grundwassers.

Gasvorkommen für 13 Jahre

UBA-Präsident Jochen Flasbarth geht davon aus, dass in Deutschland ein erschließbares Potenzial von 1,3 Billionen Kubikmetern Gas in sogenannten unkonventionellen Lagerstätten schlummert. Dies entspreche dem gesamten Bedarf der nächsten 13 Jahre in Deutschland, sagte Flasbarth am Donnerstag bei der Präsentation des Gutachtens.

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Unkonventionelle Lagerstätten - damit sind vor allem Schiefer, Granit und Ton gemeint. Vorkommen gibt es vor allem in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, in kleineren Ausmaßen aber auch in allen anderen Bundesländern.

In ihrem 466 Seiten starken Gutachten kommen die Autoren zu dem Schluss, dass die Fracking-Technologie insbesondere wegen des Chemikalieneinsatzes und der Entsorgung des anfallenden Abwassers erhebliche Risiken birgt. Ein Verbot der Methode empfehlen sie nicht, allerdings soll die Förderung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten strengen Umweltverträglichkeitsprüfungen unterliegen.

Umweltbundesamt rät von "großtechnischem Einsatz" ab

Flasbarth betonte, seine Behörde rate auf Basis des Gutachtens, "derzeit von einem großtechnischen Einsatz abzusehen". Gleichwohl solle die Technologie weiter untersucht werden.

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© k.A.

Verboten werden soll Fracking wohl auf jeden Fall in Trinkwasserschutzgebieten, die Flasbarth zufolge 14 Prozent der gesamten Fläche in Deutschland ausmachen. "Trinkwasser ist ein hohes Schutzgut", betonte Flasbarth. Die hohe Qualität des Trinkwassers in Deutschland solle nicht beeinträchtigt werden. Rechtliche Anforderungen an Fracking-Vorhaben in Bezug auf den Grundwasserschutz ergeben sich laut Gutachten zudem aus dem Berg- und Wasserrecht.

Flasbarth betonte aber, dass die Gefahren für das Trinkwasser nicht den Schluss zuließen, dass Fracking grundsätzlich verboten werden solle. Er verwies jedoch darauf, dass das Gutachten Umweltverträglichkeitsprüfungen für jede Bohrung empfehle. Dies sei nicht nur eine Formalie.

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Von Tobias Blasius

Altmaier bezeichnete das Gutachten als "exzellente Basis" für Gespräche mit allen Beteiligten. Das Thema sei hochkomplex, weil es zum einen schon seit Jahren Bestrebungen gebe, die Erdgasvorkommen auszubeuten, auf der anderen Seite aber eben auch erhebliche Bedenken. Diese müssten ernst genommen werden. Das werde noch einige Zeit in Anspruch nehmen.

Grüne fordern Fördermoratorium

Die Grünen verlangten hingegen ein Moratorium für die Förderung der Schiefergase. "Durch diesen Schritt könnte Altmaier die von Wirtschaftsminister Rösler und seinem Amtsvorgänger hinterlassen Trümmer wegräumen und Vertrauen wiedergewinnen", sagte der Sprecher für Energie und Ressourceneffizienz der Grünen-Bundestagsfraktion, Oliver Krischer. Bereits seit zwei Jahren sei bekannt, was das Gutachten nun erneut empfehle: Schritt für Schritt Wissenslücken zu schließen und den rechtlichen Rahmen anzupassen. Schwarz-Gelb habe jedoch Arbeitsverweigerung betrieben, während sich die Erdgasunternehmen ihre Claims bereits gesichert hätten.

Auch der Naturschutzbund Deutschland (NABU) schloss sich dieser Forderung an. "Der Goldgräberstimmung zur Ausbeutung fossiler Energien in Deutschland muss mit einem Fördermoratorium Einhalt geboten werden", sagte NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller. Zunächst müssten alle Risiken für Mensch und Natur lückenlos erforscht und unter Beteiligung der Öffentlichkeit bewertet werden. Erst dann könne über die Förderung entschieden werden.

Altmaier versicherte, dass zunächst sämtliche Bedenken ausgeräumt sein sollten, bevor Fracking tatsächlich zum Einsatz komme. "Für mich geht Gründlichkeit auch in diesem Bereich vor Eile", betonte er. (dapd)