Essen. . Der Energie-Konzern Wintershall will im südlichen Ruhrgebiet nach Schiefergas suchen und hofft auf die Erlaubnis aus Düsseldorf. Weil aber bei der Förderung Chemikalien eingesetzt werden, waren etwa Stadtwerke bereits: Das sogenannte Fracking gefährde das Trinkwasser.
Diese Zahl hat selbst die Experten bei Wintershall überrascht: Auf 2,7 Billionen Kubikmeter „Schiefergas“ schätzt die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in Hannover die Erdgasvorkommen in Deutschland. Damit rückt ein Thema in den Mittelpunkt, das hoch umstritten ist: Soll man das „unkonventionelles Erdgas“ nun fördern? Dabei werden Chemikalien eingesetzt, um das Gas zu lösen („Fracking“). Welche Folgen hätte dies für die Umwelt? Stadtwerke warnen bereits: „Das Fracking gefährdet das Trinkwasser.“ Das Energieunternehmen Wintershall hat trotz des Moratoriums der Landesregierung die Planung weiter vorangetrieben und sieht sich auf gutem Weg im „geologischen Erkundungsprozess“. Im Mittelpunkt stehen für die BASF-Tochterunternehmen in Kassel dabei die Konzessionensgebiete „Rheinland“ und „Ruhr“, ein Areal von gut 3.900 Quadratkilometern, das von der deutsch-niederländischen Grenze im Westen bis zum Sauerland im Osten reicht. Mittendrin liegt der Essener Süden mit der Ruhr, dem Baldeneysee und der Trinkwassergewinnung in Überruhr.
In 200 bis 300 Meter Tiefe
„Wir staunen selber über die Ergebnisse der Bundesanstalt. Unsere Experten beschäftigen sich ebenfalls mit der Thematik“, sagt Wintershall-Sprecher Stefan Leunig. Für Wintershall gehe es nach wie vor darum, die Ressourcen und ihre Chancen vor Ort genau zu ermitteln. „Unsere Aktivitäten beschränken sich derzeit auf Vorerkundungen möglicher Lagerstätten.“ Tiefbohrungen und Fracking-Aktivitäten seien dabei nicht vorgesehen: „Wir müssten dazu höchstens 200 bis 300 Meter in die Tiefe gehen.“ Der Fokus liege auf Schieferhorizonten, die an „ausgewählten Stellen“ bereits nah an der Oberfläche zu Tage treten und daher leicht untersucht werden könnten.
Und dabei ist Wintershall dem Ziel schon sehr nahe: Derzeit sei man in der Planung und Vorbereitung, an welchen Orten diese Gesteinsuntersuchungen erfolgen können: „Dabei konzentriert sich die Bewertung auf die Konzession Ruhr. Wir haben fünf Standorte für die Gesteinsentnahme intern analysiert und ausgewählt, sie befinden sich außerhalb von Natur-, Wasser- oder Habitatsschutzgebieten“, versichert Leunig. Nun müssten noch die logistischen und infrastrukturellen Rahmenbedingungen geklärt und das Einverständnis der Grundbesitzer eingeholt werden. „Die genauen Orte für die Gesteinsentnahmen werden wir deshalb erst nennen, wenn diese geplanten Lokationen definitiv feststehen“, sagt der Sprecher und versichert: „Wir werden breit informieren, uns allen Fragen stellen und die Bürger einbinden.“ Vor dem Herbst dieses Jahres sei damit aber nicht zu rechnen. Und noch gelte natürlich das Moratorium.
Wichtig seien die Gesteinsproben aber schon. Erst wenn deren Analyse vorliege, könne Wintershall verlässlich sagen, ob eine Förderung von Schiefergas in Deutschland „umweltverträglich, sicher und wirtschaftlich“ durchgeführt werden kann. Erst dann werde das Unternehmen auch Genehmigungen für tiefere Bohrungen beantragen, „bei voller Transparenz und in enger Abstimmung mit den zuständigen Behörden und politischen Instanzen“.
Eingeengter Handlungsrahmen
In ähnlicher Diktion ist der Brief gehalten, in dem sich Wintershall heute an die neu gewählten Landtagsabgeordneten in Nordrhein-Westfalen wendet: Darin betont Wintershall-Chef Joachim Pünnel dass die Debatte rund um das sogenannte „Hydraulic Fracturing“ den Handlungsrahmen zunehmend einenge: „Wir setzen deshalb auf eine NRW-spezifische Erforschung der unkonventionellen Schiefergasvorkommen und sollten diese von den nachgelagerten Förderaktivitäten differenzieren“.
Eine fundierte Forschung sei jedoch nur möglich, wenn flache Kernbohrungen zur Entnahme von Gesteinsproben in geringer Tiefe erlaubt seien. Ob diese dann letztendlich zu einem ersten Fördertest führen könnten, dazu liegen laut Wintershall frühestens 2015 belastbare Aussagen vor.
Nun hofft man in Kassel, dass die neue Landesregierung das geltende Bohr-Verbot lockert. Ohnehin müsste jede einzelne Bohraktivität bei der zuständigen Bergaufsicht in Arnsberg beantragt und genehmigt werden. Doch ohne die Erlaubnis käme Wintershall nicht einmal an die notwendigen Gesteinsproben heran. Die Antwort auf die Frage, wie viele der 2,7 Billionen Kubikmeter an Schiefergas in NRW-Tiefen lagert, bliebe im Ungefähren.