Berlin. Deutschland ist als Standort für die Wirtschaft attraktiver als die USA. Das ist das Ergebnis einer Studie des Weltwirtschaftsforums. Hätte Deutschland nicht in einer Kategorie gepatzt, wäre sogar ein noch besseres Abschneiden drin gewesen.

Deutschland ist erstmals wettbewerbsfähiger als die USA. Die Bundesrepublik behauptet im globalen Standortvergleich des Weltwirtschaftsforums ihren sechsten Platz, während die USA vom fünften auf den siebten Rang abrutschten. Spitzenreiter bleibt das vierte Jahr in Folge die Schweiz, gefolgt von Singapur und Finnland, das geht aus dem am Mittwoch veröffentlichten "Global Competitiveness Report 2012/13" hervor. Auch Schweden und die Niederlande liegen noch vor Deutschland. Großbritannien, Hongkong und Japan gehören ebenfalls zu den zehn Besten.

"Deutschland hat eine ausgezeichnete Infrastruktur", sagte die Expertin des Weltwirtschaftsforums, Margareta Drzeniek. "Die Unternehmen sind zudem sehr innovativ und in der Lage, alle Stufen der Wertschöpfung zu leisten - von der Produktion bis hin zu Marketing und Vertrieb." Auch die Ausbildung wird gelobt. Besonders die praktische Aus- und Weiterbildung in den Betrieben sei sehr gut.

Minus-Punkte für den starren Arbeitsmarkt

Minus-Punkte erntet Deutschland dagegen für seinen Arbeitsmarkt, der trotz aller Reformen noch zu starr sei. Kritisiert wird vor allem die mangelnde "Flexibilität der Lohnfindung": Hier landet Deutschland auf Platz 139 von 144. "Einstellungen sind für die Unternehmen sehr teuer", sagte Drzeniek. "In schlechten Zeiten ist es für sie zudem sehr schwierig, Stellen abzubauen." Negativ eingeschätzt wird auch das als zu kompliziert geltende Steuersystem. Bei der Stabilität der Finanzmärkte landet Deutschland nur auf Rang 75.

Trotzdem zog Europas größte Volkswirtschaft erstmals an den USA vorbei, die lange Zeit die Nummer eins waren. Grund für den Abstieg sind "insbesondere das geringe Vertrauen der Öffentlichkeit in die Politiker und der scheinbaren Mangel an staatlicher Effizienz", schrieben die Forscher. "Positiv zu vermerken ist, dass das Land nach wie vor ein weltweiter Innovationsmotor ist und seine Märkte effizient funktionieren."

Kluft innerhalb Europas ist größer geworden

Trotz aller Reformbemühungen konnten die südeuropäischen Länder ihre Stellung nicht verbessern. "Die Kluft zwischen den besten europäischen Ländern und den schwächeren Staaten ist noch größer geworden", sagte Drzeniek. "Dennoch: Es gibt einige Erfolge, etwa in Spanien und Italien. Dort sind der Arbeitsmarkt flexibler und der Wettbewerb stärker geworden. Es dauert jedoch, bis sich das auszahlt."

Das Weltwirtschaftsforum untersucht für seinen Standortvergleich zahlreiche Indikatoren von 144 Ländern - von Infrastruktur, über Gesundheits- und Bildungssystem bis hin zu Kriminalität. Außerdem werden Manager befragt. (reuters)