Essen. 2013 wird der Bezirksschornsteinfeger entmachtet. Hausbesitzer können dann frei wählen, welchen Schornsteinfeger sie beauftragen. Die von der EU durchgesetzte Liberalisierung soll den Markt beleben und die Preise senken. Doch einige Aufgaben bleiben Sache der Bezirksschornsteinfeger - und deren Preise sollen zum Jahreswechsel steigen.
Hausbesitzer müssen sich darauf einstellen, dass die Rechnung vom Schornsteinfeger ab dem kommenden Jahr höher ausfällt. Nach Plänen von Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) sollen Schornsteinfeger für sogenannte "hoheitliche Aufgaben" mehr Geld bekommen. Dazu gehören die Erstzulassung neuer Heizungsanlagen und die Feuerstättenschau, bei der der Schornsteinfeger unter anderem überprüft, ob alle Rohre dicht sind und ob Brandschutzbestimmungen eingehalten werden.
Die Hausbesitzer-Lobby ist über den Plan entzürnt, insbesondere über den Zeitpunkt der Gebührenerhöhung. Denn zum 1. Januar 2013 fällt das fast 70 Jahre alte Bezirksmonopol der Schornsteinfeger. Ab dann dürfen Hausbesitzer frei wählen, welchen Schornsteinfeger sie zum Reinigen des Schornsteins anheuern. Bislang mussten Hausbesitzer diese Arbeiten von dem Schornsteinfeger ausführen lassen, dem der Staat ihren Bezirk zugeteilt hatte.
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Die von der Europäischen Union erzwungene Liberalisierung sollte zu mehr Wettbewerb unter den Schornsteinfegern und damit zu niedrigeren Preisen für die Hausbesitzer führen. Die geplante Gebührenerhöhung, so argumentieren die Hausbesitzer, würde den Liberalisierungs-Effekt ins Gegenteil umkehren: Für die Hausbesitzer werde es teurer, wenn der Staat die Gebühren für hoheitliche Schornsteinfeger-Aufgaben erhöht.
Hoheitliche Aufgaben bleiben Sache der Bezirksschornsteinfeger - und werden teurer
Denn während die Preise für die meisten Schornsteinfeger-Aufgaben, etwa Kamine kehren oder Immissionswerte ablesen, ab 2013 den Gesetzen des Marktes unterliegen, sind die hoheitlichen Aufgaben nicht von der Liberalisierung betroffen. Auch Hausbesitzer, die ihre Heizung von einem bezirksfremden Schornsteinfeger warten lassen, müssen so für die Feuerstättenschau weiterhin den Bezirksschornsteinfeger anheuern.
Das Wirtschaftsministerium plant, die Arbeitswerte, anhand derer die Leistungen eines Schornsteinfegers abgerechnet werden auf 1,05 Euro anzuheben. Bislang lag dieser Wert, der dem Preis für eine Arbeitsminute entspricht, in den alten Bundesländern bei 1,01 Euro, in den neuen Ländern bei 0,92 Euro. Zudem sollen die Arbeitswerte angepasst werden: Galt für eine Feuerstättenbeschau bislang ein Wert von 11,7, so sollen Schornsteinfeger künftig 17,4 Arbeitsminuten dafür ansetzen dürfen. Haus und Grund rechnet aufgrund der Erhöhung mit einer Preissteigerung von bis zu 50 Prozent.
Heizungsbauer dürfen Schornsteinfeger-Aufgaben übernehmen
Ob die Liberalisierung wie geplant den Wettbewerb ankurbelt, ist völlig ungewiss. Die Schornsteinfeger-Branche selbst klagt schon länger über Nachwuchsmangel, was nicht darauf hindeutet, dass sich künftig mehr Schornsteinfeger in einem Bezirk ansiedeln. "In der Industrie ist bei leichterer Arbeit einfach mehr Geld zu verdienen", erklärt sich das Frank Weber, Vorsitzender des Zentralverbands Deutscher Schornsteinfeger, der Schornsteinfeger-Gewerkschaft. Deshalb verteidigt erdie geplante Gebührenerhöhung: "Fairen Lohn für gute Arbeit nicht mehr und nicht weniger wollen auch die beruflichen Glücksbringer."
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Ohne zusätzliche Schornsteinfeger kann sich der Wettbewerb nur steigern, wenn Schornsteinfeger aus anderen Bereichen ihr Einzugsgebiet erweitern. Dadurch würde allerdings die Anfahrt teurer - was es unwahrscheinlich macht, dass sie deutlich günstigere Preise anbieten können. Etwas mehr Bewegung versprechen sich die Anhänger der Liberalisierung wie Haus und Grund davon, dass Heizungsbauer und -installateure künftig Schornsteinfeger-Aufgaben übernehmen dürfen, wenn sie eine entsprechende Zusatzausbildung abschließen.
Schornsteinfeger dürfen künftig als Energieberater tätig werden
"Das ist sicherlich für viele Heizungsinstallateure interessant", sagt Gerold Happ, Geschäftsführer für Immobilien und Umweltrecht bei Haus und Grund. So könnten Installateure beispielsweise die gesetzlich vorgeschriebene Immissionsschutzmessung übernehmen, die bislang nur Schornsteinfeger durchführen durften. Kurzfristig rechnen die Hausbesitzer-Lobbyisten nicht mit deutlichen Preisnachlässen, aber "den einen oder anderen Euro", könnte man sicherlich sparen, erwartet Happ.
Gleichzeitig erweitert sich der Spielraum für Schornsteinfeger: Mit der Liberalisierung wird das bislang für sie geltende Nebenerwerbs-Verbot aufgehoben. Schornsteinfeger könnten sich also neben ihrer eigentlichen Tätigkeit beispielsweise als Energieberater verdingen, was ihnen bislang untersagt war.
Wie sich Hausbesitzer vor hohen Schornsteinfeger-Preisen schützen können
Einige Schornsteinfeger bereiten sich schon jetzt auf die Liberalisierung vor und bieten ihren Kunden Wartungsverträge mit mehrjähriger Laufzeit an, wie die Stiftung Warentest berichtet. Verbraucherschützer raten Hausbesitzern davon ab, diese Verträge abzuschließen. Denn dann könnten sie im kommenden Jahr nicht mehr auf die Dienste eines günstigeren freien Schornsteinfegers zurückgreifen.
Besser sei es, abzuwarten und Preise zu vergleichen. Denn wenn auch die Preise für die hoheitlichen Aufgaben im nächsten Jahr steigen, so sei doch damit zu rechnen, dass freie Schornsteinfeger ihre Dienste für weniger Geld anbieten werden.
Hausbesitzer müssen Schornsteinfeger selbst beauftragen
Die Gesetzesänderung birgt für Hausbesitzer neue Pflichten: Sie müssen künftig selbst dafür sorgen, dass Heizungsanlage und Schornstein regelmäßig kontrolliert werden. Bislang wurden sie vom Bezirksschornsteinfeger darauf hingewiesen, wenn wieder ein Besuch anstand, nun müssen sie sich selbst darum kümmern. Wer die neue Pflicht missachtet, dem droht ein Bußgeld.