Essen. . Die Eurokrise und die leeren Geldbeutel der Verbraucher in Südeuropa regen die Fantasie der Konsumgüterindustrie an: Unilever, weltweit drittgrößter Hersteller von Wasch- und Körperpflegemitteln, will mit kleinen Verpackungsgrößen im Ausland auf Kundenfang gehen.
Die Eurokrise und die leeren Geldbeutel der Verbraucher in Südeuropa regen die Fantasie der Konsumgüterindustrie an: Unilever, weltweit drittgrößter Hersteller von Wasch- und Körperpflegemitteln, will mit kleinen Verpackungsgrößen im Ausland auf Kundenfang gehen. Die Shampoo-Portion für drei Cent und das Waschmittelpäckchen für fünf Ladungen sollen sich auch Menschen mit kleinen Einkommen leisten können.
„Die Armut kehrt nach Europa zurück“, sagte Jan Zijderveld, Europa-Chef bei Unilever, der Financial Times Deutschland. „Wenn ein Spanier nur noch durchschnittlich 17 Euro pro Einkauf ausgibt, dann kann ich ihm kein Waschmittel für die Hälfte seines Budgets verkaufen“, so Zijderveld. Sein „Coral“ oder „Viss“ will er deshalb in Schwellenländern und Südeuropa auch in erschwinglichen Mini-Packungen anbieten. „In Indonesien verkaufen wir Einzelpackungen Shampoo für zwei bis drei Cent und verdienen trotzdem ordentliches Geld“, so der Unilever-Chef.
Zijderveld, der seit 2011 das Westeuropa-Geschäft des Konzerns verantwortet, konnte mit seiner Strategie erste Erfolge einfahren. Nach Jahren der Stagnation steigerte Unilever die Erlöse in der Region im ersten Halbjahr 2012 wieder leicht um 1,1 Prozent.
Niedrige Kaufkraft
Dabei ist der Trend zu kleinen Verpackungen gar nicht die Erfindung des umtriebigen Niederländers. Nestlé etwa, der weltweit größte Nahrungsmittelproduzent, hat das Mini-Sortiment schon 2007, also weit vor der Eurokrise, eingeführt. „Es richtet sich speziell an Kunden mit niedriger Kaufkraft in den Schwellenländern“, sagt Hartmut Gahmann, Sprecher von Nestlé Deutschland. So gebe es in Afrika einzelne Maggi-Würfel zu kaufen. Auch Nescafé sei außerhalb Europas in kleinen Einheiten und mit veränderter Rezeptur zu haben. Aber auch mit Premiumprodukten ist Nestlé in Schwellenländern vertreten.
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Die Kaufzurückhaltung in den europäischen Schuldenstaaten bekommt auch der Düsseldorfer Konsumgüterproduzent Henkel zu spüren. Konzernchef Kasper Rorstedt rechnet in Griechenland, Spanien, Italien oder Portugal mittelfristig nicht mit Umsatzsteigerungen. Mit speziellen Produktgrößen oder Billigangeboten will Henkel aber nicht auf die Krise in Südeuropa reagieren. Allein in Spanien ist das Unternehmen mit einem günstigen Flüssigwaschmittel vertreten, das mit einer schlichten Verpackung daher kommt.
Single-Haushalte
Auch in Deutschland ist der Trend zu kleineren Verpackungen längst angekommen – allerdings unter ganz anderen Vorzeichen. Weil die Zahl der Single-Haushalte stetig steigt, wächst in den Läden auch das Angebot von Produkten mit weniger Inhalt. „Das ist ein Riesen-Marketing-Thema“, sagt Kai Falk vom Handelsverband Deutschland. Diese demografische Motivation sei hierzulande keine soziale. „Wegen des harten Wettbewerbs sind die Preise im europäischen Vergleich sehr moderat“, so Falk. Zudem könnten die Kunden inzwischen in jedem Supermarkt und bei jedem Discounter zwischen günstigen Eigenmarken und teuren Premiumprodukten wählen.
Bei der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) sieht man deshalb auch keinen Nachholbedarf, das Angebot von kleinen Verpackungen zu vergrößern: „Die Konjunktur in Deutschland läuft gut und das Konsumklima ist gut“, so BVE-Sprecherin Sabine Eichner.
Zumal kleine Verpackungen kein Garant für kleine Preise zu sein scheinen. „Oft ist weniger drin, der Preis bleibt aber gleich“, kritisiert Günter Hörmann von der Verbraucherzentrale. Kunden sollten deshalb unbedingt den Preis des Produkts mit dem Grund- oder Kilogramm-Preis vergleichen.