Essen. Die eiserne Neeli, wie EU-Wettbewerbskommissarin Kroes auch genannt wird, hat Eon Ruhrgas eine Rekord-Kartellstrafe über 553 Millionen Euro aufgebrummt. Doch der Essener Konzern kündigt Gegenwehr an. Eon Ruhrgas wurde schließlich kalt erwischt. Rückstellungen für den Fall gibt es keine.

Deutschlands größter Energiekonzern Eon legt sich mit den EU-Wettbewerbshütern an. Die Konzerntochter Eon Ruhrgas werde gegen die Rekord-Kartellstrafe von 553 Millionen Euro klagen, sagte der Chef des Gaslieferanten, Bernhard Reutersberg, am Mittwoch in Essen. Die Entscheidung der EU-Kommission sei „grundsätzlich falsch”.

Die Wettbewerbshüter verdonnerten die Eon-Tochter und die französische Gaz de France Suez (GDF) zu einer Milliarden-Strafe. Vorwurf: Die zwei führenden Erdgas-Lieferanten hätten Verbrauchern über 30 Jahre lang überhöhte Preise aufgezwungen.

Daher brummt die EU-Kommission den zwei Unternehmen mit 1,106 Milliarden Euro die zweithöchste Kartellstrafe der europäischen Geschichte auf. Eon Ruhrgas und GDF müssen die Geldbuße je zur Hälfte zahlen. Auch GDF kündigte an, dagegen vor Gericht zu ziehen.

Absprache beim Bau der Pipeline Megal

Die EU-Kommission beschuldigt die Gaslieferanten, sich 1975 beim Bau ihrer Pipeline Megal abgesprochen zu haben, über diese Leitung kein Gas im Heimatmarkt des jeweils anderen Anbieters zu verkaufen. Durch die Megal-Pipeline fließt russisches Gas von Tschechien durch Süddeutschland nach Frankreich.

Aus Sicht der EU-Wettbewerbshüter galt die in geheimen Briefen festgelegte Absprache bis 2005 – und damit auch nach der Liberalisierung des Energiemarkts 1998. Davor war dies noch gesetzlich möglich. Die Beseitigung von Markthindernissen sollte Verbrauchern zugute kommen: Die Preise sollten wegen des Wettbewerbs sinken, da Kunden unter mehreren Energieversorgern wählen konnten.

„Die Aufteilung von Märkten zählt zu den schwerwiegendsten Kartellverstößen”, betont EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes. „Durch diese Vereinbarung wurden die Verbraucher in zwei der größten Gasmärkte in der EU um einen stärkeren Preiswettbewerb und eine größere Anbieterauswahl gebracht.” Daher habe die Kommission keine andere Wahl gehabt, als hohe Geldbußen zu verhängen.

Eon Ruhrgas: Die Vorwürfe sind konstruiert

Eon-Ruhrgas-Chef Reutersberg bestreitet diese Vorwürfe vehement. „Die EU-Kommission hat Marktabsprachen konstruiert, die so nie stattgefunden haben”, sagte er. „Wir haben eine grundsätzlich unterschiedliche Sichtweise.” Von einer Marktaufteilung könne keine Rede sein. Die Kartellstrafe hält Reutersberg für „grundsätzlich falsch”, ihre Höhe für „unangemessen”.

Der Essener Erdgas-Lieferant sei kalt erwischt worden: „Dass die Entscheidung so klar und in dieser Höhe fällt, hat mich überrascht”, sagte Reutersberg. „Wir haben bis jetzt für diesen Fall keine Rückstellungen gebildet.” Die EU hatte vor zwei Jahren das Verfahren gegen Eon Ruhrgas und den französischen Wettbewerber eröffnet.

Eon-Ruhrgas-Chef Reutersberg kündigte Konsequenzen für die europaweit tätige Eon Ruhrgas an: „Eine halbe Milliarde ist ein schmerzlicher Betrag. Den steckt man nicht so ohne weiteres weg.” Geplante Investitionen in Gas-Leitungen, -Felder und -Speicher gingen „erstmal” weiter. Aber bei neuen Projekten müsse sich Eon Ruhrgas „genau überlegen, was man sich leisten kann”, sagte er. „Der Spielraum wird einfach enger.”

Verbraucher müssen sich infolge der EU-Geldstrafe nicht auf höhere Gaspreise einstellen. „Auf der Großhandelsstufe haben wir mittlerweile einen sehr erbitterten Wettbewerb”, sagte der Eon-Ruhrgas-Chef.

Die nun verhängte Milliardenstrafe ist die zweithöchste der EU-Geschichte. Nur ein Kartell von Autoglas-Fertigern musste voriges Jahr mehr zahlen: 1,38 Milliarden Euro.