Dublin. . Vor zwei Jahren ist Irland unter den Euro-Rettungsschirm geschlüpft – bald will das Land ihn wieder verlassen. Doch der Sparkurs auf der Insel hat Folgen. Irland hat noch immer mit einer hohen Arbeitslosigkeit zu kämpfen und viele Menschen kehren ihrer Heimat den Rücken.

Zurück auf grüne Wiesen: Irland will sich seinen Ruf als Wirtschaftsprimus zurückerobern und schon Ende 2012 als erstes Land den EU-Rettungsschirm verlassen und an den freien Kapitalmarkt zurückkehren. Getragen von krisensicheren Exportbranchen, verzeichnen die Kelten seit dem Wirtschaftsabsturz 2008 sogar wieder zartes Wirtschaftswachstum. Doch der Preis, den sie für den harten Sparkurs im Land zahlen müssen, ist hoch.

Irland ist die Erfolgsstory, die Europa bei allen Hiobsbotschaften so dringend braucht: Das Steueraufkommen steigt, die Exporte sind im ersten Jahresviertel um 2,6 Prozent angezogen. Mit 0,7 Prozent Wachstum lässt sich nach dem Bankenkollaps immerhin wieder ein schwacher Puls messen. „Von allen schlechten Jungs in Europa sind wir die guten“, scherzt ein gut gelaunter Beamter bei der Zahlenpräsentation im Finanzministerium, „unser Ziel ist es aber, zu den schlechtesten unter den guten Jungs aufzusteigen.“

Arbeitslosigkeit auf 20-Jahres-Hoch

Die Botschaft ist klar: Irland ist nicht Griechenland, und schon 2013 will die Insel wieder zehnjährige Staatsanleihen am Kapitalmarkt auflegen. Gelingt die Operation, kann das EU-Hilfspaket wie geplant Ende 2013 auslaufen. Irland würde sich wieder selbstständig refinanzieren können. „Wir sind die Ersten, die dem IWF zum Abschied winken dürfen“, kündigt Premier Enda Kenny an.

Doch Erleichterung will sich bei vielen Iren nicht so recht einstellen. Mit 14,9 Prozent ist die Arbeitslosigkeit auf einem 20-Jahres-Hoch. Rund 100 000 Iren haben die Insel bereits verlassen, um im Ausland nach Jobs zu suchen. Wer noch Arbeit hat, muss drastische Einschnitte hinnehmen: Lohnkürzungen von 20 Prozent sind die Regel. Gleichzeitig steigen die Abgaben. Grund-, Erbschafts- und Kapitalertragssteuern werden erstmals etabliert. Kostenlose Wassernutzung ist derzeit ein amüsantes Kuriosum auf der Insel, schon bald aber Geschichte.

Arbeitnehmer tragen Hauptlast der Haushaltssanierung

Während die Unternehmenssteuer von 12,5 Prozent trotz Schuldenkrise nicht erhöht wird, sind es die Arbeitnehmer, die die Hauptlast der Haushaltssanierung tragen. Dass in Dublin unterm Strich immer noch mehr im Portemonnaie bleibt als in Athen, mag zwar den sozialen Frieden wahren, doch viele leiden im Stillen, statt sich in Streiks zu organisieren, sagt Gewerkschaftsforscher Michael Taft: „Die Leute kündigen private Vorsorgeversicherungen und hinken mit den Zahlungen für Strom und Gas hinterher.“

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Dass Gehälter und Geschäftsmieten in der Krise nach unten verhandelbar sind, kommt vor allem multinationalen Firmen zu Pass: Irlands Lohndrückerei macht sie wettbewerbsfähiger.

Die Insel hängt am Tropf der Großkonzerne

Die Insel hängt am Tropf der Großkonzerne: 80 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung erbringen sie mit ihren Exporten. Wenn sie ihre Zentralen und Fertigungshallen in noch günstigere EU-Nationen verlagern würden, stünden Irlands ehrgeizige Pläne vor dem Aus.

Magere Kaufkraft ist die Schattenseite der glänzenden Exportzahlen, Mangelwirtschaft in Privathaushalten die trübe Seite dieses Hoffnungsschimmers aus Irland. „Die Effekte des jüngsten Export-Booms kommen gar nicht in der Bevölkerung an“, kritisiert Taft. Erfolgsbranchen wie Software oder Pharmazie erzeugten Wachstum, ohne die Belegschaften aufzustocken. Taft sagt: „Ein Prozent Wirtschaftswachstum in der Statistik hat in der Realität für irische Arbeitnehmer also fast null Konsequenzen.“