Essen. Die Aktienkurse gehen auf Talfahrt, der Euro schwächelt. Mehr und mehr zeichnen sich die Kosten der Krise ab. Deutschland würde ein Ausstieg Griechenlands aus der Währungsunion bis zu 83 Milliarden Euro kosten, sagen Experten. Aber auch den einfachen Sparer trifft es.

Was passiert, wenn Griechenland die Euro-Zone verlässt? Ein solches Szenario habe „längst seinen Schrecken verloren“, sagt Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) in einer Mischung aus politischem Kalkül und gehörigem Zweckoptimismus. Doch an Europas Börsen dominierte am Montag die Angst vor einer Eskalation der Krise. Der Euro rutschte erstmals seit zwei Jahren wieder unter die Marke von 1,21 Dollar. Der Deutsche Aktienindex begab sich auf Talfahrt.

Warum gerät Griechenland gerade jetzt unter Druck?

Ab dem heutigen Dienstag wollen Vertreter der Europäischen Union, des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Europäischen Zentralbank (EZB) die Spar- und Reformanstrengungen des krisengeschüttelten Landes analysieren. Vom Bericht der sogenannten Troika hängt ab, ob Griechenland erneut auf Hilfsgelder hoffen kann.

Welche Rolle spielen die Börsen?

Als Stimmungsbarometer zeigen die Aktienmärkte, wie groß die Sorgen sind. Der deutsche Aktienmarkt (Dax) litt am Montag heftig unter der Angst vor einer Pleite Griechenlands und neuen Problemen in Spanien. Der Dax schloss mit minus 3,2 Prozent bei 6419 Zählern.

Wie wahrscheinlich ein Austritt Griechenlands?

Das lässt sich schwer beurteilen. Es scheint, als werde ein Staatsban­krott wahrscheinlicher – und damit auch ein Austritt des Landes aus dem Euro-Raum. Äußerungen führender Politiker der schwarz-gelben Koalition machten deutlich, dass auch in Deutschland kaum mehr Bereitschaft besteht, bei einem negativen Befund von IWF, EU und EZB weitere Hilfen freizugeben. Die EU-Kommission teilte offiziell mit: „Griechenland muss und wird Mitglied des Euro-Währungsraums bleiben.“ Wolfgang Gerke, der Präsident des Bayerischen Finanz-Zentrums in München, betont aber: „Ein Austritt ist schmerzhaft, aber notwendig.“

Was wären die Folgen eines Euro-Austritts?

Auch auf die Steuerzahler in Deutschland kämen erhebliche Kosten zu. Mit rund 45 Milliarden Euro steht Griechenland bei der Bundesrepublik in der Kreide. Das Geld wäre wohl weg. Die Europäische Zentralbank hat laut Schätzungen für 50 Milliarden Euro griechische Anleihen gekauft, für rund ein Viertel davon haftet Berlin. Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hat die Gesamtkosten eines Griechenland-Austritts für Deutschland mit 86 Milliarden Euro beziffert.

Welche Folgen gibt es für Sparer?

Schon jetzt sei ein Effekt der Schuldenkrise spürbar, sagt Finanzexperte Gerke und verweist auf die historisch niedrigen Zinsen. „Wir haben keine Inflation, aber Sparer und Versicherungsnehmer werden geschädigt, weil sie jeden Tag ärmer werden.“ Die Notenbanken hätten den Staaten einen Weg geebnet, sich „billig zu verschulden“. „Der Zins, den wir derzeit haben, ist die Subventionierung des Rettungsschirms“, sagt Gerke.

Droht ein Domino-Effekt, wenn Griechenland den Euro abgibt?

Auch der Druck auf schuldengeplagte Länder wie Spanien, Italien und Portugal dürfte sich massiv erhöhen. „Die Ansteckungsgefahr ist groß“, urteilt Gerke. „Aber die Gefahr des Nichtstuns ist viel größer.“

Was spricht für die Rückkehr der Drachme?

Es sei der falsche Weg, Milliardensummen in Rettungspakete zu stecken, ohne die Probleme auf Dauer zu lösen, argumentiert Gerke. „Griechenland ist mit dem Euro zu teuer und wird mit der Drachme konkurrenzfähiger, insbesondere im Tourismus.“ Der Übergang zum Euro sei aber „ein extrem schmerzhafter“ Prozess. „Der Kurs der Drachme wird erst einmal sinken. Es braucht eine Zeit, bis sich das Verhältnis zum Euro einpendelt.“ Letztlich werde Griechenland durch die Abkehr vom Euro wieder wettbewerbsfähiger. „Die Griechen werden viel stärker auf ihre eigenen Produkte setzen, auch beim Konsum im Inland.“