Bonn. . Das Bundeskartellamt hat Bußgelder von mehr als 124 Millionen Euro gegen vier Hersteller und Lieferanten von Schienen verhängt. Die Wettbewerbsbehörde wirft ihnen wettbewerbswidrige Absprachen zulasten der Deutschen Bahn AG vor. Der Die höchste Strafe trifft ThyssenKrupp Gleistechnik.
Wegen Preisabsprachen beim Verkauf von Schienen an die Deutsche Bahn hat das Bundeskartellamt insgesamt 124,5 Millionen Euro Bußgeld gegen vier europäische Stahlkonzerne verhängt. Gut ein Jahr nach Aufdeckung des Kartells, das sich "Schienenfreunde" nannte, traf die höchste Strafe mit 103 Millionen Euro ThyssenKrupp Gleistechnik, wie das Kartellamt am Donnerstag in Bonn mitteilte. Kartellamtschef Andreas Mundt kündigte an, die Ermittlungen auch auf Lieferungen an regionale Unternehmen auszudehnen.
ThyssenKrupp nahm die Strafe an. Bußgeldbescheide in Millionenhöhe ergingen außerdem gegen die seit 2010 zum Vossloh-Konzern gehörende Firma Stahlberg Roensch und gegen die Voestalpine-Tochterunternehmen TSTG Schienen Technik und Voestalpine BWG. Voestalpine hatte das Verfahren mit einer Selbstanzeige ins Rollen gebracht.
Jahrelang Quoten und Preise abgesprochen
Mundt, sagte die Kartellmitglieder hätten jahrelang Quoten und Preise abgesprochen. Dem Staatskonzern soll dadurch Medienberichten zufolge ein Schaden von deutlich mehr als 500 Millionen Euro entstanden sein. Das entspricht in etwa der für das vergangene Jahr ausgeschütteten Dividende.
Bahn-Vorstand Gerd Becht kündigte an, die Bahn erwarte von den am Kartell beteiligten Firmen einen vollständigen Ausgleich des Schadens und werde die Ansprüche notfalls auch vor Gericht durchsetzen. "Mit den Bußgeldbescheiden steht jetzt zweifelsfrei fest, dass die DB über Jahre systematisch betrogen wurde", sagte der Chefjurist des Konzerns.
ThyssenKrupp akzeptiert Bußgeld
ThyssenKrupp akzeptierte das Bußgeld sofort. Die Sachlage sei eindeutig, berichtete das Unternehmen. Bei internen Ermittlungen habe sich der Verdacht gegen einzelne Mitarbeiter des Tochterunternehmens bestätigt.
´Der Stahlkonzern betonte, er sei im Mai 2011 von den kartell- und strafrechtlichen Ermittlungen völlig überrascht worden. Danach habe das Unternehmen aber im Sinne von "null Toleranz" hart durchgegriffen und personelle Konsequenzen gezogen. Mehrere Vertriebsverantwortliche, ein Geschäftsführer sowie der zuständige Bereichsvorstand mussten das Unternehmen verlassen. ThyssenKrupp verfolge Schadenersatzansprüche gegen die elf betroffenen Mitarbeiter, berichtete der Konzern.
Mit den Bußgeldbescheiden, die noch nicht rechtskräftig sind, ist lediglich ein erster Teil des Verfahrens abgeschlossen. "Das Bundeskartellamt wird den Schwerpunkt der Ermittlungen im Schienenfall künftig auf weitere Bereiche verlagern", kündigte Mundt an. Dazu gehörten Schienen und Weichen für regionale und lokale Nachfrager. Der Fall zeige erneut, dass auch die Auftraggeber gerade bei Ausschreibungen im öffentlichen Bereich besonders wachsam sein sollten, sagte Mundt.
Steuerzahler geschädigt
Das Bundeskartellamt arbeitet im "Schienenfreunde"-Verfahren eng mit der Staatsanwaltschaft Bochum und der Kriminalpolizei Bochum zusammen, da es sich um Kartelle handelt, die öffentlich ausgeschriebene Produkte und Dienstleistungen betreffen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt dabei wegen Verdachts auf Submissionsbetrug gegen die verantwortlichen Manager.
Der verkehrspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Dirk Fischer, sprach von einem "skandalösen Gebaren" der Unternehmen, mit dem der deutsche Steuerzahler geschädigt worden sei. Für ihn beweist der Fall, "dass monopolistische Strukturen, die es zu überwinden gilt, derartige Vorgänge begünstigen und eine wettbewerblich gestaltete Struktur diese eher zu verhindern geeignet ist". (dapd)