Frankfurt/Brüssel. . Das kollektive Aufatmen nach dem Wahlsieg der Pro-Europäer in Griechenland blieb aus. Denn an der prekären Lage Athens hat sich nichts geändert. Griechenland dürfte selbst gelockerte Auflagen nicht erfüllen, fürchten Marktkenner.
Gefeiert haben auch Börsianer und Volkswirte am Montag, aber nur wegen des Erfolgs der deutschen Kicker bei der Europameisterschaft verbunden mit dem Erstaunen, dass es jetzt im Viertelfinale ausgerechnet gegen Griechenland geht. Das Wahlergebnis dort war für die Finanzexperten kein Grund zum Feiern. Erleichtert war man auf dem Börsenparkett zwar schon, dass die Linken in Athen nicht ans Ruder kommen. Aber: „Es bleiben viele Unwägbarkeiten, die Krise ist keineswegs beendet“, betonte Chris-Oliver Schickentanz von der Commerzbank. Viele Marktteilnehmer glauben nach wie vor, dass sich Griechenland auf Dauer nicht in der Eurozone halten kann.
Nur zu Handelsbeginn machten die Aktienkurse in Frankfurt am Montagmorgen einen deutlichen Sprung über die 6300 Punkte. Doch schon am Vormittag war der Gewinn mit einem Mal wieder weg, nachdem für zehnjährige spanische Anleihen ein Rekordzins von mehr als sieben Prozent fällig wurde. Von Euphorie keine Spur. Auch der Euro sackte nach einem kurzen Strohfeuer wieder ab.
„Die Probleme sind wie zuvor“
Auf dem Börsenparkett und auch unter Volkswirten waren am Montag keine Stimmen zu hören, die mit einem schnellen Ende der Krise in Griechenland rechnen. „Es hat sich nicht allzu viel geändert, die Probleme sind wie zuvor“, betont Ulrich Kater von der DekaBank“. Die Entwicklung bleibt unsicher“, sagt Michael Heise, Chef-Volkswirt der Allianz. „Wir rechnen damit, dass Griechenland jetzt etwas mehr Zeit gegeben wird.“ Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer glaubt nicht, dass das hilft: „Griechenland dürfte selbst gelockerte Auflagen nicht erfüllen.“ Er erwartet über kurz oder lang die Pleite des Staates.
„Als gutes Signal“ wertet im Gegensatz zu Börsianern der Bundesverband Deutscher Banken den Wahlausgang in Athen. Allerdings sollten sich mögliche Zugeständnisse an eine neue Regierung etwa beim Zeitrahmen der Haushaltskonsolidierung so klein wie möglich halten, sagte Banken-Präsident Andreas Schmitz.
Die Bundesbank reagierte am Montag nicht direkt auf das Wahlergebnis. Sie betonte aber ihre Ablehnung einer gemeinsamen Haftung der Euro-Staaten und wies die Idee eines Schuldentilgungsfonds zurück. Darin sollten alle Schulden der Euro-Staaten gepackt werden, die über der Schuldengrenze von 60 Prozent des jeweiligen Sozialprodukts liegen. Dies könnte die Zinslast drücken. Damit, so die Bundesbank, würden Haftung und Kontrolle aus der Balance geraten.
Angst vor einer Verlängerung der Krise
Noch gebannter als am Sonntag auf Athen blickten Banker und Börsianer gestern nach Brüssel. Wie werden die Euro-Partner reagieren? Nach dem erhofften Sieg der Konservativen in Griechenland diskutiert die EU, wie weit sie einer reformwilligen Regierung in Athen entgegenkommen kann. Im Gegensatz zu den Griechen verbinden die Märkte damit keine Hoffnungen, sondern Ängste, die Krise werde weiter in die Länge gezogen.
In Brüssel gab es breites Lob für „den Mut und die Widerstandskraft der griechischen Bürger“, wie die Präsidenten der EU-Kommission und des Europäischen Rates, Jose Manuel Barroso und Herman Van Rompuy, formulierten. Das war’s aber schon mit gemeinsamen Sprachregelungen. Wie Bundesaußenminister Guido Westerwelle plädierten sozialdemokratische und grüne EU-Politiker dafür, den Griechen mehr Zeit für die Rückzahlung ihrer Kredite zu geben.
Westerwelle eingefangen
Nur sprach Westerwelle nicht einmal für die eigene Regierung und wurde prompt wieder eingefangen. Regierungssprecher Georg Streiter sagte gestern dazu: „Es ist nicht die Zeit für irgendwelche Rabatte.“
Ausschreitungen in Athen
Die Euro-Gruppe, das Gremium der Länder mit der gemeinsamen Währung, bemühte sich ebenfalls, nicht schon vor einer Regierungsbildung Zugeständnisse zu machen. Sie forderte stattdessen die Einhaltung des vereinbarten Programms. Das sei Voraussetzung für die Auszahlung der nächsten Kredittranche von 31,2 Milliarden Euro. Zuvor soll sich die Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds vor Ort ein Bild davon machen, wie weit Griechenland hinter dem Plan zurückhängt.