Brüssel. Die Ratingagentur Fitch hat die Kreditwürdigkeit Spaniens am Donnerstag um drei Stufen auf BBB gesenkt. Den Ausblick für die Bonität des hoch verschuldeten Landes bewertete die Ratingagentur mit negativ. Die Kosten für die Restrukturierung und Rekapitalisierung der spanischen Banken wird auf 60 Milliarden bis 100 Milliarden Euro geschätzt.
Trotz der Befürchtungen der eigenen Regierung kann sich Spanien am Kapitalmarkt weiter Geld besorgen und vermeidet damit einen unmittelbaren Gang unter den Euro-Rettungsschirm. Das hoch verschuldete Land sammelte am Donnerstag 2,1 Milliarden Euro ein, musste dafür allerdings höhere Zinsen als zuletzt zahlen. Derweil bekräftigte Bundeskanzlerin Angela Merkel ihre Bereitschaft zur Nutzung aller bestehenden Instrumente, die die Stabilität in der Euro-Zone sichern sollen. Das schürte Spekulationen, Spanien könnte bald entscheiden, Hilfen aus dem Schirm zur Rettung seiner Banken zu beantragen. Die viertgrößte Volkswirtschaft der Eurozone mutiert neben Griechenland zur größten Gefahr für die Stabilität der gemeinsamen Währung und damit auch zur Bremse für die Weltkonjunktur.
Spaniens Finanzminister Christobal Montoro hatte am Dienstag erstmals offen Probleme seines Landes bei der Geldbeschaffung eingestanden und damit die Finanzmärkte stark verunsichert. Bisher wehrt sich Spanien strikt, unter den Rettungsschirm seiner Euro-Partner zu schlüpfen. Der Regierung in Madrid machen die hohe Arbeitslosigkeit, die finanzschwachen Regionen und der taumelnde Bankensektor zu schaffen. Inzwischen wächst an den Finanzmärkten aber die Einschätzung, Spanien könne auf die eine oder andere Art demnächst doch um Milliarden-Hilfen bitten. An den Börsen führte diese Hoffnung erneut zu steigenden Kursen.
Spaniens Regierung zögert mit Anzapfen des Euro-Rettungsfonds
Am Donnerstag kletterte die Rendite für spanische Anleihen mit zehn Jahren Laufzeit auf gut sechs von zuvor 5,7 Prozent. Damit blieb sie aber unter sieben Prozent. Über der Marke sind die Zinskosten so hoch, dass es als nahezu unmöglich gilt, dass sich ein Land damit noch dauerhaft selbst finanzieren kann. Schlüpft ein Land unter den Rettungsschirm, bekommt es deutlich günstigere Zinsen - muss aber normalerweise teils harschen Sparauflagen der Geldgeber EU und IWF zustimmen. "Wenn die Auktion gescheitert wäre, hätte es jetzt 100-prozentige Sicherheit gegeben, dass Spanien einen 'Bail-out' braucht - und zwar einen richtigen", sagte Lloyds-Zinsstratege Achilleas Georgolopoulos.
Die spanische Regierung will erst in einigen Wochen über ein Anzapfen des Euro-Rettungsfonds entscheiden. Dann sollen Ergebnisse einer Prüfung der Bankbilanzen durch unabhängige Wirtschaftsprüfer und den Internationalen Währungsfonds (IWF) vorliegen. Der IWF taxiert den zusätzlichen Kapitalbedarf der angeschlagenen Banken auf mindestens 40 Milliarden Euro, sagten zwei Personen aus dem Finanzsektor zu Reuters. Alles in allem würden laut IWF-Bericht 90 Milliarden Euro benötigt, um den Bankensektor auf Vordermann zu bringen.
Ratingagentur Fitch senkt Spaniens Bonitätsnote
Angesichts der schlechten Haushaltslage und der Krise im Bankensektor hat die Ratingagentur Fitch die Kreditwürdigkeit Spaniens herabgestuft. Fitch erklärte am Donnerstag, dass die langfristige Bonität spanischer Staatsanleihen um drei Stufen von A auf BBB gesenkt werde. Die Bewertung wurde mit einem negativen Ausblick versehen, was bedeutet, dass eine weitere Herabstufung folgen könnte
Merkel bekräftigte bei einem Treffen mit dem britischen Premierminister David Cameron in Berlin ihre Bereitschaft, angeschlagenen Euro-Staaten zu helfen. "Angesichts der aktuellen Schwierigkeiten ist es wichtig, noch einmal zu betonen, dass wir die Instrumente für die Unterstützung der Eurozone geschaffen haben", sagte sie. "Deutschland ist bereit, mit diesen Instrumenten auch zu arbeiten, wenn dies notwendig ist."
Industrie- und Schwellenländer erhöhen den Druck auf Spanien
Die Bundesregierung habe den festen Willen, die Euro-Zone stabil zu halten. Cameron drängte die Länder der Euro-Zone, nicht nur über mittelfristige Reformen zu reden, sondern die Währungszone schnellstens zu stabilisieren. Dies sei dringend nötig, weil die gesamte EU-Wirtschaft davon abhänge. Merkel bekräftigte in der ARD zudem, der EU-Gipfel Ende Juni solle ein klares Bekenntnis für "mehr Europa" abgeben und einen Zeitplan für mehr Reformen beschließen. "Wir brauchen nicht nur eine Währungsunion, sondern wir brauchen auch eine sogenannte Fiskalunion, also mehr gemeinsame Haushaltspolitik."
Die Gruppe der 20 größten Industrie- und Schwellenländer erhöhte unterdessen den Druck auf Spanien, Hilfe anzunehmen. Sie lud den spanischen Regierungschef Mariano Rajoy zum G20-Gipfel Mitte Juni in Mexiko ein. Angesichts der Krise wirkt dies wie eine Vorladung. Spanien ist kein G20-Mitglied, nimmt aber als Gast regelmäßig an den Spitzentreffen teil. Vor allem die USA, wo Präsident Barack Obama um seine Wiederwahl bangt, befürchten, dass die Zuspitzung der europäischen Schuldenkrise auch die heimische Konjunktur bremsen könnte. (rtr/dapd)