Essen. Das Meike-Schlecker-Zitat wirkt immer skurriler: “Es ist nichts mehr da“, sagte sie kurz vor der Pleite. Nun heißt es, dass Anton Schlecker seinen Kindern wertvolle Immobilien zugeschanzt haben soll, um sie vor dem Zugriff der Gläubiger zu sichern. Der Staatsanwalt ermittelt bereits.

Schon kurz nachdem ihr Vater den Insolvenzantrag gestellt hatte, trat Meike Schlecker Gerüchten entgegen, ihre Familie habe Geld zur Seite geschafft. „Es ist nichts mehr da“, sagte die Tochter des Firmengründers Anton Schlecker Ende Januar. Doch angesichts neuer Enthüllungen liegt der Verdacht nahe, dass es vor der Pleite Versuche gab, Vermögen innerhalb der Familie zu verschieben.

„Die juristische Aufarbeitung des Falls Schlecker hat gerade erst begonnen“, sagt Sebastian Krause, Professor für Wirtschaftsrecht an der Essener Hochschule für Oekonomie & Management (FOM). „Ähnlich wie im Fall Arcandor werden sich vermutlich in absehbarer Zeit auch deutsche Gerichte mit dem Fall Schlecker befassen.“

Eine Schlüsselrolle spielt Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz, der bei der Suche nach neuen Eigentümern für die Drogeriemarktkette bislang erfolglos blieb. „Nachdem die Suche nach Investoren offenbar gescheitert ist, hat sich die Arbeit des Insolvenzverwalters längst nicht erledigt“, gibt Sebastian Krause zu bedenken. „Jetzt wird er die Geschäfte der Familie Schlecker aus den vergangenen Jahren genauer unter die Lupe nehmen. Schadenersatzklagen könnten die Folge sein.“

Immobilien-Verkäufe an Tochter und Sohn

Firmengründer Anton Schlecker steht in der Kritik, da er kurz vor der Insolvenz mehrere Immobilien an seine Kinder Meike und Lars verkauft haben soll. Es besteht der Verdacht, dass die Kaufpreise unter dem Marktwert liegen. Es geht unter anderem um ein Zentrallager samt Grundstück im steirischen Gröbming für 2,8 Millionen Euro sowie die Österreich-Zentrale bei Linz für 1,8 Millionen. Die Gewerkschaft Verdi drohte bereits, Anton Schlecker zu verklagen, sollten sich Vorwürfe rund um den Verkauf von Grundstücken an seine Kinder bestätigen.

„Wenn kurz vor der Insolvenz Vermögen innerhalb der Familie verschoben wurde, könnte dies auch strafrechtlich relevant sein“, gibt Insolvenzexperte Krause zu bedenken. „Gerade bei Geschäften innerhalb der Familie gelten lange Anfechtungsgrenzen. Sollte Anton Schlecker Grundstücke zu günstig an seine Kinder verkauft haben, könnte dies bis zu zehn Jahre lang angefochten werden.“

Wurde die Zahlungsunfähigkeit zu spät angezeigt?

Die Schlecker-Insolvenz hat jedenfalls auch die Staatsanwaltschaft auf den Plan gerufen. Ermittler in Stuttgart prüfen, ob Straftaten wie Untreue oder Betrug begangen worden sind. Untersucht werde auch, ob die Zahlungsunfähigkeit der Drogeriemarktkette zu spät angezeigt wurde, teilte die Staatsanwaltschaft mit.

Krause rechnet damit, dass der Insolvenzverwalter auch die Vergütung der Kinder von Anton Schlecker auf den Prüfstand stellen wird. Die Frage laute: War die Bezahlung angemessen?

„In mittelständischen Unternehmen kommt es häufiger vor, dass Geschäftsführer, die aus der Familie kommen, besser bezahlt werden als andere Manager“, erläutert der Insolvenzexperte. „Nach einer Insolvenz kann dies für die Unternehmer-Familien zum Problem werden, da sich Gläubiger in solchen Fällen gute Chancen auf Schadenersatzklagen ausrechnen können.“