Brüssel/New York. Die Euro-Krise spitzt sich in Spanien zu: Die spanischen Banken brauchen nach Einschätzung des Internationalen Währungsfonds mindestens 40 Milliarden Euro. Womöglich beantragt Spanien nun doch Hilfsgelder aus dem Euro-Rettungsschirm EFSF. Für Samstagnachmittag haben sich die Euro-Finanzminister deshalb zu einer Telefonkonferenz verabredet.

Angesichts der Bankenkrise in Spanien wollen die Finanzminister der Eurozone noch am Samstag eine Telefonkonferenz abhalten. Die Schalte sei für 16 Uhr (MESZ) geplant, erfuhr die Nachrichtenagentur AFP aus europäischen Regierungskreisen in Brüssel. Die Eurozone rechne "jederzeit" mit einem Antrags Spaniens auf europäische Hilfsgelder, hieß es.

Bisher wollte Madrid keine Darlehen aus dem Euro-Rettungsschirm EFSF beantragen, die mit strengen Sparauflagen verbunden sind. Berichte zu möglichen Verhandlungen über europäische Hilfen am Wochenende hatte die spanische Regierung am Freitag noch zurückgewiesen. Wegen seiner schwächelnden Wirtschaft gilt Spanien aber seit längerem als Kandidat für europäische Hilfen.

IWF lobt Spanien für erste Schritte

Nach einem Stresstest schätzt der Internationale Währungsfonds den Finanzbedarf der spanischen Banken auf mindestens 40 Milliarden Euro. Der IWF erklärte am Freitag, der spanische Bankensektor sei gut geführt, aber anfällig. Für eine Restrukturierung werde empfohlen, dass die Banken zusätzliches Kapital in nicht genannter Höhe aufbringen.

Es sei besser, den Finanzbedarf zu über- statt zu unterschätzen, sagte die stellvertretende IWF-Direktorin Ceyla Pazarbasioglu, die gemeinsam mit ihrem Team den Bericht verfasste. Darin hieß es, die meisten großen Banken in Spanien seien belastbar, sie würden jedoch durch die schwächeren Banken in Mitleidenschaft gezogen. Der IWF lobte Spanien für die bereits eingeleiteten Schritte zur Stärkung des Finanzsektors.

Eurogruppe bereit für spanischen Hilferuf

Die stellvertretende spanische Ministerpräsidentin Soraya Saenz de Santamaria erklärte am Freitag, das Land könne in diesem Monat über einen Antrag auf europäische Finanzhilfen entscheiden. Dies werde jedoch erst geschehen, wenn der Internationale Währungsfonds und die zwei beauftragten Beratungsfirmen ihren Bericht zur Lage der Geldhäuser vorgelegt hätten. Die Berichte werden bis 21. Juni erwartet.

Die Eurogruppe hat sich am Freitag für einen spanischen Hilfsantrag bereit erklärt. Dass Madrid, wie in Medienberichten behauptet, noch am Wochenende unter den Rettungsschirm schlüpfen wolle, wurde in den Hauptstädten allerdings weder bestätigt noch dementiert.

EFSF könnte schnell größere Beiträge bereitstellen

Aus dem Umfeld des Rettungsschirms EFSF hieß es: Der Fonds könne "sehr schnell größere Beträge zur Stabilisierung des spanischen Bankensektors bereitstellen". Nach spanischen Angaben werden bis zu 100 Milliarden Euro gebraucht. Laut EFSF handelt es sich dabei aber nicht um Kredite, für die sich der Fonds selbst verschulden müsste, sondern um Schuldverschreibungen, mit denen sich die spanischen Banken dann bei der Europäischen Zentralbank frisches Geld besorgen könnten.

Würde Madrid sein Zögern aufgeben und unter den Schirm schlüpfen, wäre Spanien nach Griechenland, Irland und Portugal das vierte Land am Eurotropf. Allerdings braucht Spanien nur Hilfe für seine maroden Banken, die mit faulen Immobilienkrediten vollgesogen sind. Dafür ist im EFSF das Instrument der gezielten Restrukturierungshilfe vorgesehen. Dabei müsste sich die Regierung nicht einem umfassenden Sanierungsprogramm unterwerfen, dass von der Troika diktiert wird.

Moody's erwägt Herabstufungen in Europa

Die US-Ratingagentur Moody's droht Ländern der Eurozone mit einer Herabstufung ihrer Kreditwürdigkeit, sollte Spanien den Rettungsschirm in Anspruch nehmen oder Griechenland aus dem Euro aussteigen. Das Unternehmen erklärte am Freitag, es schätze derzeit die Folgen eines spanischen Hilfegesuchs für die Gläubiger ab. Sollte Griechenland die Eurozone verlassen, könnte dies die Ratings anderer Länder der Region gefährden.

Moody's erklärte, die Probleme der spanischen Banken seien weitgehend auf Spanien beschränkt. Daher sei die Gefahr gering, dass die Probleme auf andere Länder übergreifen könnten - mit Ausnahme von Italien. Moody's bewertet Spanien derzeit mit "A3", allerdings mit negativem Ausblick. (dapd/afp)