Brüssel. . Spanien ist das nächste Krisenland im Euroraum. Vor allem die Probleme in der Bankenbranche machen dem südeuropäischen Land zu schaffen. Die WAZ-Mediengruppe zeigt, welche Ursachen die Krise hat und welche Folgen.
Die Probleme in Spaniens Bankenbranche verschärfen Europas Schulden- und Vertrauenskrise. Zwar könnte das klamme Spanien Notkredite beim Euro-Rettungsfonds beantragen, um das Geld an bedürftige Banken weiterzuleiten. Die konservative Regierung wehrte sich bisher aber gegen so ein Hilfsgesuch. Sie fürchtet um ihren bereits angeschlagenen Ruf an den Finanzmärkten.
Am Mittwoch kündigte Wirtschaftsminister Luis de Guindos an, dass die Regierung in etwa zwei Wochen entscheiden werde, wie den spanischen Banken zu helfen sei. Zunächst soll der genaue Finanzbedarf der Branche ermittelt werden. Experten schätzen ihn auf 30 bis 70 Milliarden Euro.
Was bedeutet Spaniens Krise für uns?
Die viertgrößte Volkswirtschaft des Euro-Währungsraums ist zu einem weiteren Euro-Krisenland geworden. Die seit mehr als zwei Jahren währende Schulden- und Vertrauenskrise hat sich damit auch auf größere Euro-Länder ausgeweitet – trotz aller Eindämmungsversuche der Europäer.
Bisher sind die viel kleineren Problemstaaten Griechenland, Irland und Portugal auf europäische Notkredite angewiesen.
Warum kriseln Spaniens Banken?
In der viertgrößten Volkswirtschaft des Euro-Währungsraums florierte die Baubranche bis zu Beginn der Weltfinanzkrise 2007. Doch dann platzte die Immobilienblase. Seitdem warten tausende Wohnungen oder Häuser in Spanien auf Käufer. Die Häuserpreise sackten seit 2007 um etwa 25 Prozent ab, schätzen Experten. Sie erwarten, dass Immobilien bis nächstes Jahr noch einmal deutlich billiger werden.
Diejenigen, die die Wohnung errichten ließen, nahmen dafür Kredite auf. Nicht alle werden ihre Schulden bei der Bank abstottern können. Daher schlummern diese Schulden nun als „faule Kredite” in den Bilanzen der spanischen Banken.
Die Banken müssen daher Vorsorge treffen für den Fall, dass sie nicht alles verliehene Geld eintreiben können: Sie müssen Milliarden-Beträge beiseite legen, um ihre Immobilien-Risiken abzusichern. Viele Banken schaffen das nicht aus eigener Kraft.
Was sind die Folgen?
Spaniens Wirtschaft kriselt infolge der geplatzten Immobilienbranche. Das Land kämpft gegen den Wirtschaftsabschwung. Die Arbeitslosigkeit stieg auf Rekordhöhen. Die Arbeitslosenquote beträgt inzwischen etwa 25 Prozent. Das alles führt dazu, dass die Staatseinnahmen zum Beispiel aus Steuergeldern schrumpfen.
Die Regierung kämpft mit Spar- und Wirtschaftsreformen dagegen an, dass ihre Haushaltsloch zu groß wird. Eigentlich kann sie sich milliardenschwere Finanzspritzen zur Unterstützung der kriselnden Bankenbranche nicht leisten.
Ist Spanien das neue Griechenland?
Nein. Das viel größere Spanien leidet vor allem unter den Problemen in seiner Bankenbranche. Im Mai übernahm Spaniens konservative Regierung in einer Nacht- und Nebel-Aktion die Kontrolle über das taumelnde Geldinstitut Bankia. Die hoch verschuldete Bankia entstand vor etwa zwei Jahren unter staatlichem Druck: Damals verschmolzen schwächelnde spanische Sparkassen zu dem viertgrößten Geldinstitut Spaniens.
Der spanische Schuldenstand ist dagegen deutlich niedriger als der griechische. Auch die Wirtschafts- und die Staatsstrukturen sind anders.
Was kann Spanien machen?
Spaniens klamme Regierung hat es derzeit schwer, sich frisches Geld zu beschaffen. Der Staat muss derzeit relativ hohe Zinsen zahlen, um sich Geld an den Finanzmärkten zu borgen. Zudem muss er derzeit darauf achten, dass sein Haushaltsloch nicht zu groß wird. Andernfalls drohen EU-Geldstrafen.
Spanien könnte aber den Euro-Rettungsfonds anzapfen – und die Notkredite dann an die Banken weiterleiten. Spanien hätte es allerdings lieber, wenn sich seine Banken direkt an den Euro-Rettungsfonds wenden könnten. Das ist nach den derzeitigen Regeln nicht möglich. In Brüssel ist eine Debatte darüber entbrannt, ob diese Regeln geändert werden müssten.