Madrid/Berlin. Die Regierung dementierte entsprechende Medienberichte. Auch die deutsche Kanzlerin Merkel betonte, Spanien habe bislang keinen Antrag gestellt. Eine Ratingagentur hatte Spanien um drei Stufen auf BBB abgewertet. Für die Rettung der Banken würden 100 Milliarden Euro benötigt, so die Agentur.
Spanien will seine Finanzprobleme vorerst offenbar allein in den Griff bekommen. Das Land habe bislang keinen Antrag auf Hilfen aus dem Euro-Rettungsschirm gestellt, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Freitag in Berlin.
Merkel stellte klar, dass Europa bereit stehe, angeschlagenen Euro-Staaten zu helfen. Doch müsse das jeweilige Land einen Antrag stellen. "Das ist bisher nicht geschehen", betonte die Kanzlerin und fügte hinzu, Deutschland werde auch "keinen Druck ausüben".
Regierung wartet Bericht zur Lage der Geldhäuser ab
Zuvor hatte die spanische Regierung indirekt einen Medienbericht zurückgewiesen, dass sie am Wochenende bei der EU ein Hilfspaket für den strauchelnden Bankensektor des Landes beantragen werde. Ein Plan zur Sanierung der Institute werde erst dann vorgelegt, wenn der Internationale Währungsfonds (IWF) und die zwei beauftragten Beratungsfirmen ihren Bericht zur Lage der Geldhäuser vorgelegt hätten, sagte eine Regierungssprecherin am Freitag. "Die spanische Regierung kommentiert keine Gerüchte", ergänzte sie.
Bisher hatte die Regierung stets betont, sie müsse und wolle keine Hilfe des Euro-Rettungsfonds für die Banken beantragen, zumindest solange keine belastbaren Zahlen über den tatsächlichen Finanzbedarf der Banken vorlägen.
Spanien nur noch mit BBB bewertet
Am Donnerstagabend hatte die Ratingagentur Fitch die Bonitätsnote Spaniens gleich um drei Stufen heruntergesetzt. Sie sprach von bis zu 100 Milliarden Euro, die die Rettung spanischer Banken kosten würde.
In den vergangenen Tagen hatten europäische Politiker immer wieder betont, wenn Spanien wegen seiner Banken Hilfe benötige, stünden die Hilfsinstrumente des EFSF bereit. Zuletzt hatte sich am Donnerstag Kanzlerin Angela Merkel entsprechend geäußert. Dies hatte Spekulationen genährt, ein Antrag stehe kurz bevor.
Spaniens Finanzminister Christobal Montoro hatte am Dienstag erstmals offen Probleme seines Landes bei der Geldbeschaffung eingestanden und damit die Finanzmärkte stark verunsichert. Am Donnerstag konnte das Land den Kapitalmarkt um 2,1 Milliarden Euro anzapfen, musste für die Papiere aber höhere Zinsen bieten.
Wie viel Geld die spanische Regierung für die Banken vom EFSF brauche, stehe noch nicht fest, hieß es in den Kreisen. Zurzeit läuft eine Überprüfung der Bankbilanzen durch den IWF und Unternehmensberater. Der IWF taxiert den Kapitalbedarf nach Angaben von zwei Personen aus dem Finanzsektor auf mindestens 40 Milliarden Euro. Alles in allem würden laut IWF-Bericht 90 Milliarden Euro benötigt, um den Bankensektor zu stabilisieren.
Reformauflagen nur für Bankensektor möglich
Um auf Mittel des Rettungsfonds zuzugreifen, muss sich das Land nicht zwingend - wie Griechenland, Irland und Portugal - einem harten makoökonomischen Anpassungsprogramm unterziehen. Der EFSF hat auch die Möglichkeit, der Regierung in Madrid nur bei der Rekapitalisierung des Finanzsektors unter die Arme zu greifen, der Staat selber würde dabei nicht vom EFSF gestützt. Die dafür im Gegenzug fälligen Reformauflagen würden sich in dem Fall vornehmlich auf den Bankensektor beschränken. Allerdings müsste Spanien auch das europäische Beihilferecht beachten.
Die europäischen Finanzmärkte zeigten sich zunächst weitgehend unbeeindruckt von der Meldung über den geplanten Hilfsantrag Spaniens. Der Euro kostete 1,2474 Dollar, der Dax notierte gut ein Prozent im Minus bei 6073 Punkten, der Bund-Future verbuchte ein Plus von 57 Ticks bei 143,63 Punkten. Ein Händler sagte: "Die Frage ist, ist das gut oder schlecht?" Die meisten wüssten nicht, wie sie den Hilfsantrag Spanien bewerten sollten und warteten zunächst ab. Der Hilfsantrag nehme zwar erst einmal etwas Unsicherheit aus dem Markt. "Gleichzeitig wissen aber alle, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis sich die Aufmerksamkeit auf den nächsten Dominostein richtet. Und das ist Italien", sagte der Händler.
#StopptMerkel geht um bei Twitter
Spanische Internetnutzer beschweren sich über die deutsche Kanzlerin. "Stoppt Merkel" forderten sie in öffentlichen Nachrichten auf dem Online-Netzwerk Twitter. "Menschen in Spanien wollen nicht von der Europäischen Zentralbank oder der Troika regiert werden", schrieb ein Nutzer in Bezug auf das Trio aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds.
Das spanische Volk sei nicht schuld an der finanziellen Misere, schrieben andere. Laut Analysedienst Topsy tauchte der Begriff "Stoppt Merkel" am späten Donnerstagabend in Tausenden der höchstens 140 Zeichen langen Nachrichten auf. (rtr, dpad)