Madrid. Erschüttert von mehreren Hiobsbotschaften gerät Spanien zusehends in den Strudel der Schuldenkrise. Das Land erlebe gerade einen “extrem schwierigen Moment“, räumte Ministerpräsident Mariano Rajoy auf einer Pressekonferenz ein. Das hat auch mit der Großbank “Bankia“ zu tun.

Der Mutterkonzern der maroden spanischen Sparkasse Bankia, BFA, hat seine Unternehmensergebnisse für 2011 korrigiert und weist nun einen Milliardenverlust aus. Statt eines Gewinns von 41 Millionen Euro stehe nun ein Minus von 3,3 Milliarden Euro in den Büchern, hieß es am Montagabend in einer Mitteilung an die Börsenaufsicht.

Die neuen Zahlen spiegelten eine Überprüfung der Kredit-Portfolios und der Kapitalbedürfnisse wieder. Bankia hatte am Freitag einen Finanzierungsbedarf von zusätzlich 19 Milliarden Euro angemeldet.

Regierung will kein Banken-Rettungspaket von außen

Spanien ist in den vergangenen Wochen zunehmend in den Sog der europäischen Schuldenkrise geraten. Die Märkte reagierten verunsichert, die Renditen spanischer Staatsanleihen schnellten in die Höhe und der Risikoaufschlag für die Papiere schoss auf den höchsten Stand seit der Einführung des Euro.

Sollte es nicht gelingen, das Haushaltsdefizit abzubauen, dürfte es für das Land schwierig werden, sich selbstständig zu finanzieren, sagte Ministerpräsident Mariano Rajoy auf einer Pressekonferenz. Dennoch beharrte er darauf, dass Spanien kein Banken-Rettungspaket von außen brauche. Der Grund für die steigenden Kosten für Spanien läge in der Unsicherheit über die Euro-Zone, sagte Rajoy. Deshalb müsse Europa die Zweifel am Euro zerstreuen und die Gemeinschaftswährung verteidigen.

Am Freitag hatten gleich mehrere Nachrichten für neue Schockwellen. Zum einem bat ausgerechnet die reichste autonome Region Spaniens, Katalonien, die Zentralregierung um Finanzierungshilfe. Zudem kommt die schwächelnde Bankenbranche nicht auf die Beine. Allen voran die Sparkasse Bankia, die am Freitag einen Finanzierungsbedarf von zusätzlich 19 Milliarden Euro anmeldete.

Damit bürdet das Institut dem klammen Land neue Schulden auf. Investoren fürchten, dass die viertgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone infolge der anhaltenden Belastungen nicht umhin kann, als unter den Rettungsschirm zu flüchten.

Bankia könnte Staatsanleihen als Sicherheit verwenden

Um den riesigen Hilfsbedarf von Bankia stemmen zu können, erwägt die spanische Regierung offenbar Staatsanleihen zur Verfügung stellen. Im Gegenzug erhalte sie Anteile an dem bereits teilverstaatlichten Institut, sagte eine mit der Sache vertraute Person an Pfingsten. Bankia könnte wiederum die Anleihen als Sicherheit verwenden, um sich Geld von der EZB zu leihen.

Somit zöge Spanien die Notenbank in die Restrukturierung seines Bankensystems hinein. Rajoy erklärte jedoch am Montag, mit der EZB nicht über Bankia gesprochen zu haben. Es gebe noch keine Entscheidung, wie das Überleben der Sparkasse finanziert werden soll.

Die EZB hat Europas Banken mit zwei Geldspritzen in Höhe von insgesamt bereits rund einer Billion Euro unter die Arme gegriffen. Gegen weitere Schritte sträubt sich die Notenbank allerdings. Eine mit den Plänen vertraute Person sagte jedoch am Montag, die EZB habe ihr Einverständnis für Staatsanleihen zur Hilfe des Bankensektors in Spanien signalisiert.

Zinsniveau erreicht kritischen Bereich

Bankia entwickelt sich immer mehr zur Achillesferse Spaniens. Die Forderung nach weiteren Hilfen kommt zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Da Anleger fürchten, dass Spanien vollends in den Strudel der europäischen Schuldenkrise gerissen wird und am Ende doch um internationale Hilfe bitten muss, verlangen sie sehr hohe Zinsen.

Am Montag stiegen die Risikoaufschläge spanischer zehnjähriger Staatsanleihen gegenüber als sicher geltenden deutschen Papieren auf den höchsten Stand seit Einführung des Euro. Die Rendite der zehnjährigen Bonds kletterte auf 6,5 Prozent und kommt dem Rekord von 6,8 Prozent wieder gefährlich nah. Viele Experten halten ein Zinsniveau von mehr als sechs Prozent langfristig nicht für tragbar. Sieben Prozent gelten als mehr als kritisch. Sowohl Irland als auch Portugal schlüpften unter den Rettungsschirm kurz nachdem ihre Renditen die sieben Prozent knackten.

Aktuelles Rettungspaket ist schon das vierte

Spaniens Finanzminister Ignacio Fernandez Palomero beharrte jedoch darauf, dass das Land seine Schulden problemlos zurückzahlen könne. "Wir sind in einer sehr starken Position", sagte er mit Blick auf Juli und Oktober, wenn große Summen fällig werden.

Spanien büßt hart für die Immobilienblase, die seine Konjunktur zum Blühen brachte, aber 2007 und 2008 platzte. Das Land befindet sich mittlerweile in einer zweiten Rezession und leidet unter Arbeitslosigkeit in Rekordhöhe. Der Häuserpreis-Crash traf vor allem die Sparkassen, die nun auf einem Berg fauler Kredite sitzen.

Die schwelende Unsicherheit über das Ausmaß der Belastungen lähmt die spanische Wirtschaft. Mehrfach hat die Regierung Befreiungsschläge versucht und Rettungspakete für die Bankenbranche geschnürt, zuletzt bereits das vierte. (rtr)