Brüssel. . Schon vor Beginn wurde der neuerliche EU-Gipfel von einer schlechten Nachricht überschattet: Der Euro fiel auf den tiefsten Stand seit fast zwei Jahren. Zdem warnen Ökonomen vor katastrophalen Folgen, falls die Eurozone auseinanderbrechen sollte.

Vor dem EU-Wachstumsgipfel in Brüssel hat sich der Druck auf die europäischen Staatenlenker abermals verschärft. Der Euro sackte am Mittwochvormittag auf den niedrigsten Stand seit fast zwei Jahren. Gleichzeitig sorgt ein Bericht der Wochenzeitung „Die Zeit“ für Unruhe, demzufolge die Europäische Zentralbank (EZB) einen Griechenland-Krisenstab eingerichtet hat. Außerdem warnen Ökonomen vor katastrophalen Folgen, falls die Eurozone auseinanderbrechen sollte. Am Abend wollten die Staats- und Regierungschefs der EU über die Lage beraten und an einem gemeinsamen Wachstumspaket feilen.

Nur wenige Stunden vor Beginn des informellen Sondergipfels gab die Gemeinschaftswährung stark nach, als die Daten zum italienischen Verbrauchervertrauen veröffentlicht wurden. Mit 1,2615 Dollar wurde der Euro so gering bewertet wie seit Ende August 2010 nicht mehr. Das Verbrauchervertrauen war im April unter der Konsensschätzung von Volkswirten geblieben.

Eugen Keller vom Frankfurter Bankhaus Metzler sieht darin jedoch nur den Auslöser, nicht den eigentlichen Grund für die Schwäche des Euro: „Die Situation macht insgesamt nicht den Eindruck einer Entspannung“, sagte er mit Blick auf die Schuldenkrise in der Eurozone. Die Lage der Banken scheine sich noch zu verschärfen, vor allem in Spanien. Gleichzeitig mehrten sich die Stimmen derer, die Eurobonds für unumgänglich halten, also gemeinsame Staatsanleihen aller Länder in der Währungsunion.

Ökonom Straubhaar hält Griechen-Austritt für verkraftbar

Eine mögliche Eskalation der Lage in Griechenland treibt Politiker und Anleger gleichermaßen um: Die EZB soll nach „Zeit“-Informationen ihr deutsches Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen mit der Führung einer Arbeitsgruppe betraut haben, die sich angeblich mit dem Thema beschäftigt. Auch in der Bundesbank gebe es einen von Vorstand Joachim Nagel geleiteten Krisenstab. Ein EZB-Sprecher wollte den Bericht auf dapd-Anfrage nicht kommentieren. Darin hatte es weiter geheißen, ein Austritt des Landes aus der Währungsunion werde wegen der ungewissen politischen Lage unter Notenbankern nicht mehr ausgeschlossen, neue Krisenmaßnahmen genauso wenig.

Sollte Griechenland seinen Austritt aus dem Euro provozieren, wären die Folgen für den Währungsraum nach Einschätzung des Direktors des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI), Thomas Straubhaar, verkraftbar. Zwar wäre es „katastrophal, wenn die Europäer Griechenland aus dem Euro kicken würden - das würde zu einem Dominoeffekt führen, der immense Kosten verursacht“, sagte er dem Magazin „Börse Online“. Fordere Athen den Ausstieg aber heraus, „dann wäre die Wahrscheinlichkeit eines Dominoeffekts sehr gering“.

„Wir müssen alles tun, um den Euro zu retten“

Insgesamt sei die Wahrscheinlichkeit eines Ausscheidens des Landes aus dem Euro massiv gestiegen und jetzt „sehr hoch“, sagte Straubhaar. Das hätte für die Eurozone allerdings keine großen finanziellen Auswirkungen mehr, weil das, was an Forderungen noch abgeschrieben werden müsste, von den Gläubigern zumindest antizipiert worden sei. „Es wäre ein Ende mit Schrecken, hätte aber den Vorteil, dass die Planungssicherheit wieder zunähme.“

Skeptischer äußerte sich der Chef des weltgrößten Vermögensverwalters Blackrock, Larry Fink. Ein Auseinanderbrechen der Euro-Zone gehe wahrscheinlich „mit unglaublichen sozialen Spannungen und politischen Unsicherheiten“ einher, sagte der Investor dem „Manager Magazin“. „Dieser Ausblick ist so schrecklich, dass wir alles tun müssen, um den Euro zu retten.“ Seiner Meinung nach sollte etwa die EZB den aktuellen Leitzins von einem Prozent weiter senken, um zusätzliche Liquidität in die Märkte zu geben. (dapd)