Essen. Thilo Sarrazins Buch ist 464 Seiten stark - und ein einziger Bluff. Denn Sarrazin empfiehlt nicht die Rückkehr zur D-Mark. Er fordert nicht einmal, die Griechen aus dem Euro zu werfen. Letztendlich will er nur eines: Die Stabilitätskriterien der gemeinsamen Währung sollen eingehalten werden. Das will auch die Kanzlerin. Ein Kommentar.
Am Dienstag stellt Thilo Sarrazin sein neues Buch in Berlin vor. Und man muss wohl sagen, diese 464 Seiten sind ein einziger Bluff. Sarrazin empfiehlt den Deutschen nicht die Rückkehr zur D-Mark und er fordert nicht einmal, die Griechen aus dem Euro zu werfen. Im Grunde wäre Sarrazin zufrieden mit dem Euro, wenn nur die Stabilitätskriterien eingehalten würden. Damit, so absurd das auf den ersten Blick auch klingen mag, kämpft Sarrazin den Kampf der Bundesregierung.
Denn genau das, die Einhaltung der Spielregeln, ist Angela Merkels Thema. Morgen wird sie sich auf dem Euro-Gipfel dagegen wehren, dass Euro-Bonds eingeführt werden, die solide und unsolide wirtschaftende Länder in einem Topf stecken. Und sie wird versuchen zu verhindern, dass die Europäische Zentralbank direkt ganze Länder stützt, was mit deren politischer Unabhängigkeit nicht zu vereinbaren ist.
Sicher ist Europa mehr als seine institutionelle Hülle, die „EU“. Und sicher ist Europa mehr als seine Währung, der Euro. Aber genau dieses „mehr“ enthält die Währung. Der Euro ist nicht nur Geld, sondern eine kulturell und historisch begründete Feststellung. Sie heißt: Wir gehören zusammen. Und eines haben diejenigen, die mit einer Abschaffung des Euro liebäugeln, noch nicht geschafft: Zu erklären, wie dieses so schmerzhaft erkämpfte, kluge Wir-Bekenntnis ein solches Misstrauensvotum überstehen sollte.