Essen. . In der Bundesregierung herrscht Streit um die Förderung der Solarindustrie. Während Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) am EEG in der jetzigen Form festhalten will, möchte Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) den Zubau von Photovoltaikanlagen deckeln.

Der Wetterbericht hat für Donnerstag Wolken, Regen und zwei Grad in Berlin angekündigt. Die miesen Aussichten dürften zum heutigen „Solargipfel“ passen, zu dem Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) die Branche geladen hat. Grund für die bescheidene Stimmung: Der Chor der Kritik an der Photovoltaik (PV) wird lauter. Ihr rasanter Ausbau lasse die EEG-Umlage stetig steigen. Dies komme die Verbraucher teuer zu stehen, lautet der Vorwurf.

Nicht nur die „Sonnenkönige“, auch Röttgen gerät unter Druck. 2011 wurden neue Anlagen mit einer Gesamtleistung von 7500 Megawatt installiert – doppelt so viel wie die Regierung als Ziel vorgegeben hatte. Dennoch verkündet Röttgen: „Das EEG hat sich bewährt.“ Mit dieser Auffassung begibt er sich in den Clinch mit Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP), der den Ausbau der Solaranlagen auf 1000 Megawatt deckeln will.

Hannelore Kraft steht auf Röslers Seite

Der Zwist um die PV reißt erstaunliche politische Frontlinien auf. So steht NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) auf Röslers Seite. Die Förderung der Solarenergie sei „unangemessen hoch“, sagte sie im Dezember im Gespräch mit dieser Zeitung.

Manuel Frondel, Energieexperte beim Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) in Essen, beobachtet seit Jahren das Wachstum der Sonnenenergie und sieht finanzielle Schattenseiten für die Allgemeinheit: Während die EEG-Umlage, die jeder Verbraucher mit seiner Stromrechnung bezahlt, jahrelang unter einem Cent pro Kilowattstunde lag, schoss sie ab 2009 empor: von 1,2 Cent über zwei Cent 2010 bis auf 3,5 Cent 2011. Der geringfügige Anstieg um 0,062 Cent für 2012 sei eine rein politische Entscheidung gewesen, die Umlage werde „entgegen jeglicher Versprechen des Umweltministers mit Sicherheit steigen“, so Frondel.

Stromrechnung dürfte höher ausfallen

So dürfte die Stromrechnung in Zukunft höher ausfallen. 2010 sei ein Durchschnittshaushalt mit einem Verbrauch von 3500 Kilowattstunden mit 70 Euro belastet worden. Allein 2011 sei diese Belastung um rund 50 Euro gestiegen. Ohne ein Umsteuern bei der Förderung werde der Trend fortgesetzt. Schätzungen liegen zwischen 180 und 200 Euro.

Neben der sozialen Umverteilung – der Mieter finanziert mit der EEG-Umlage die PV-Anlage eines Eigenheimbesitzers – findet eine regionale Umverteilung statt. Laut Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft gingen 2010 rund 2,2 Milliarden Euro aus der EEG-Umlage nach Bayern, dort sichern sich viele Bauern mit PV-Anlagen eine zweite Einnahmequelle. Die Stromkunden dort brachten 1,2 Milliarden für die Umlage auf. NRW erhielt nur 800 Millionen Euro Förderung, die Verbraucher zahlten aber 2,2 Milliarden Umlage – Länderfinanzausgleich anders herum.

Konventionelle Kraftwerke im Leerlauf

Die Solarbranche argumentiert, dass eingespeister Sonnenstrom den Preis an der Börse senkt, doch dies gelte nur für sonnige Spitzenlastzeiten, so Frondel. Außerdem müssen immer konventionelle Kraftwerke im Leerlauf mitlaufen, falls es sich bewölkt. Setze sich der „katastrophale Zubau“ fort, würden spätestens 2015 Photovoltaik und Windstrom um die Einspeisung ins Netz konkurrieren. Auch das Argument, dass durch die Förderung Arbeitsplätze geschaffen und erhalten würden, sieht Frondel als entkräftet. Inzwischen würden zwei Drittel aller Module importiert. Eine weitere Förderung bedeute also höhere Kosten durch die Umlage, aber weniger Arbeitsplätze.

Für Frondel wäre es eine Enttäuschung, wenn der Gipfel keine Deckelung des Zubaus bringe. Selbstverpflichtungen seien untauglich. „In der Vergangenheit ist keine Prognose eingetroffen. Es gab so viele Lippenbekenntnisse der Branche, dass ich ihr nicht mehr glaube.“