Essen.

Das Wirtschaftsjahr 2011 war geprägt durch die Schulden- und die Euro-Krise. Welche Personen aus der Wirtschaft sind in diesem Jahr in den Schlagzeilen gewesen und haben mit ihrem Namen einen bleibenden Eindruck - positiv oder negativ - hinterlassen? Der Überblick stellt Gewinner und Verlierer gegenüber:

Neue Zeiten beim Energieriesen RWE

Soll der künftige RWE-Chef und Nachfolger von Jürgen Großmann werden: Peter Terium. (Foto: RWE/dapd)
Soll der künftige RWE-Chef und Nachfolger von Jürgen Großmann werden: Peter Terium. (Foto: RWE/dapd)

Als Peter Terium vom Aufsichtsrat des RWE-Konzerns als Nachfolger des derzeitigen Konzern-Bosses Jürgen Großmann nominiert wurde, schrieben manche Zeitungen „Peter, wer?“. In der Tat, bekannt ist der gelernte Buch- und Steuerprüfer hierzulande nicht, noch nicht. Die Aufmerksamkeit von Aufsichtsratschef Manfred Schneider zog der 48-jährige Niederländer auf sich, als er die komplizierte Übernahme des niederländischen Versorgers Essent managte. Terium ist Finanzexperte und hat 2003 im Konzerncontrolling bei RWE angefangen. Schnell, analytisch, entscheidungsstark sind Attribute, die man ihm nachsagt. Nach den fünf Jahren einer zuweilen auch etwas barocken Führung durch Jürgen Großmann dürfte es ab Juli 2012 etwas puritanischer zugehen im RWE-Turm.

Als Stahl-Manager erst bejubelt, dann vom Hofe gejagt

Ekkehard Schulz trat zweimal bei ThyssenKrupp ab. (Foto: dapd)
Ekkehard Schulz trat zweimal bei ThyssenKrupp ab. (Foto: dapd)

Als Ekkehard Schulz im Januar 2011 nach 40 Jahren im Stahlgeschäft auf der Hauptversammlung als Thyssen-Krupp-Chef mit stehendem Beifall verabschiedet wurde, hat er sich wohl nicht träumen lassen, wie elf Monate später seine Karriere als Aufsichtsrat des Konzerns enden würde. Das Desaster um den Bau eines Stahlwerks in Brasilien holte Schulz ein. Schulz übernimmt die Verantwortung. Später ist im „Handelsblatt“ in direkter Rede, aber ohne Quellenangabe, zu lesen, Schulz habe die wahren Kosten zunächst verschleiert, Konzernpatriarch Berthold Beitz empfinde das als „ungeheuerlichen Loyalitätsbruch“. Die Revier-Szene wiederum empfindet das als übles Nachtreten, mancher fragt nach der Verantwortung des Aufsichtsratschefs Gerhard Cromme.

Ex-Bahnchef Mehdorn auf Sanierungskurs bei Air Berlin

Hartmut Mehdorn führt bei Air Berlin die Geschäfte. (Foto: Getty)
Hartmut Mehdorn führt bei Air Berlin die Geschäfte. (Foto: Getty)

Bei der zweitgrößten deutschen Fluggesellschaft machte er seinem Namen als knallharter Sanierer erneut alle Ehre: Seit September führt der ehemalige Bahn-Chef Hartmut Mehdorn bei Air Berlin die Geschäfte. Und verordnete der ins Trudeln geratenen Airline eine drastische Schrumpfkur. Sein Ausflug ins Fluggeschäft wird aber nicht von Dauer sein. Mehdorn sei nur ein Übergangskandidat, hieß es bereits bei seinem Antritt. Gelingt dem 69-Jährigen der Umbau von Air Berlin, kann er sich anschließend bequem aufs Altenteil zurückziehen. Mehdorn hat versprochen, die Fluggesellschaft wieder auf Kurs zu bringen, indem er Verbindungen streicht und Verwaltungskosten senkt. Arbeitsplätze sollen nicht wegfallen. Daran wird er sich messen lassen müssen.

Hauen und Stechen um die Führung bei der Metro

Eckhard Cordes verlor den Machtkampf beim Handelskonzern Metro. (dapd)
Eckhard Cordes verlor den Machtkampf beim Handelskonzern Metro. (dapd)

Es war ein beispielloser Machtkampf, der Deutschlands größten Handelskonzern erschütterte. Am Ende mussten die beiden wichtigsten Führungskräfte des Unternehmens innerhalb weniger Tage ihre Posten räumen: Zunächst kündigte Vorstandschef Eckhard Cordes seinen Rückzug an, danach auch Aufsichtschef Jürgen Kluge. Die Manager hinterlassen bei der Metro viele Baustellen. Cordes wollte die konzerneigene Warenhauskette Kaufhof verkaufen, ebenso die Real-Supermärkte. Doch während seiner Amtszeit gelang es ihm nicht, seine Pläne in die Tat umzusetzen. Auch die einstige Ertragsperle, die Elektromarktkette Media-Saturn, machte dem Metro-Konzern zuletzt zu schaffen. Die Wunden, die im Machtkampf aufgerissen wurden, sind tief.

Zwei Brüder machen Apple bei Smartphones erfolgreich Konkurrenz

Das von ihnen gesponserte Smartphone-Betriebssystem Android wurde 2011 zum Millionenseller: Die Google-Gründer Sergej Brin und Larry Page. (Foto: afp)
Das von ihnen gesponserte Smartphone-Betriebssystem Android wurde 2011 zum Millionenseller: Die Google-Gründer Sergej Brin und Larry Page. (Foto: afp)

Die beiden haben gut lachen: Google-Gründer Sergej Brin und Larry Page haben den Markt für Multimedia-Handys aufgerollt. Ihr Betriebssystem Android läuft mittlerweile auf fast jedem zweiten verkauften Smartphone. Damit ist es Google gelungen, den Rivalen Apple in die Schranken zu weisen. Der Aufstieg des Google-Systems ist aber auch dem Samsung-Konzern zu verdanken. Die Koreaner stießen die Finnen von Nokia erst vor kurzem vom Thron des weltgrößten Handy-Herstellers. Und in den meisten Mobiltelefonen von Samsung läuft eben ­Googles Android. Internet-Pionier Larry Page hat aber noch einen weiteren Grund zur Freude: Seit kurzem ist er wieder Chef des Unternehmens, das er 1998 mit seinem Kumpel Brin aus der Taufe gehoben hatte.

"Dr. Lü" - vom Ende einer Ära eines Baukonzerns

Hochtief wurde Spanisch und Chef Herbert Lütkestratkötter trat ab. (Foto: Graben/WAZ FotoPool)
Hochtief wurde Spanisch und Chef Herbert Lütkestratkötter trat ab. (Foto: Graben/WAZ FotoPool)

Als der Moment des Abschieds nahte, zeigte selbst der sonst so nüchterne Westfale Herbert Lütkestratkötter Emotionen. Er kämpfte mit den Tränen. Seine Stimme stockte. Der letzte Auftritt von „Dr. Lü“ – im Mai vor den Hochtief-Aktionären in der Essener Grugahalle – markierte zugleich das Ende einer Ära: Deutschlands größter Baukonzern – 1873 gegründet, seit Jahren eines der Vorzeigeunternehmen des Landes – verlor seine Unabhängigkeit. ­Florentino Perez, Chef des spanischen Baukonzern ACS, hatte die spektakuläre Übernahmeschlacht für sich entschieden. Neuer Hochtief-Chef wurde Frank Stieler, der das Vertrauen der Spanier genießt. Lütkestratkötter wurde sein Rückzug mit einer millionenschweren Abfindung versüßt.

Vom Merkel-Berater zum Bundesbank-Chef

Jens Weidmann (li.) ist der jüngste Bundesbank-Chef. (Foto: dapd)
Jens Weidmann (li.) ist der jüngste Bundesbank-Chef. (Foto: dapd)

Jens Weidmann ist weit gesprungen. Aus Karrieresicht: Der Ökonom, 43, ist seit Januar der bisher jüngste Chef der ehrwürdigen Bundesbank. Aus Verdienst-Sicht: Seit der frühere Wirtschaftsberater der Kanzlerin nach Frankfurt gewechselt ist, bekommt er im Jahr mit 380.000 Euro - das sind 100.000 mehr als die bisherige Chefin. Frau und beide Kinder leben am Main. In Berlin hatte er mit der Euro-Krise zu tun. Jetzt, bei der Bundesbank, ist es wieder so. Doch das Spielfeld ist anders, internationaler. Weidmann nutzt die neue Freiheit. Er blockiert alle Versuche, zur Unterstützung der Krisenstaaten „die Druckerpresse anzuwerfen“. Staatsfinanzierungen sind für ihn tabu. Er setzt auf das strikte Einhalten der Schuldenbremse. Er bleibt der Tradition der Vorgänger treu.

Kein gutes Jahr für den Deutsche-Bank-Chef

Wollte vom Chefposten der Deutschen Bank in den Aufsichtsrat wechseln - doch daraus wird nichts: Josef Ackermann. (Foto: dapd)
Wollte vom Chefposten der Deutschen Bank in den Aufsichtsrat wechseln - doch daraus wird nichts: Josef Ackermann. (Foto: dapd)

Eigentlich hatte sich Josef Ackermann seine Zukunft hübsch zurechtgelegt: Mitte 2012 wollte er sein Amt als Deutsche-Bank-Chef niederlegen und sich gleich in den Chefsessel des Aufsichtsrats fallen lassen. Daraus wird nichts: Er habe für notwendige „Einzelgespräche mit den Aktionären“ keine Zeit, erklärte Ackermann im November. Ob dies der wahre Grund für seinen Rückzug war, erscheint fraglich. Denn zuvor hatte es Kritik daran gegeben, dass Ackermann direkt an die Spitze des Aufsichtsrats wechseln wollte. Zudem sorgte die Durchsuchung von Vorstandsbüros der Deutschen Bank für Aufregung. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Vorstandschef unter anderem Falschaussage im Kirch-Prozess vor. 2011 war wahrlich nicht das Jahr des Josef Ackermann.

Eine Frau rückt an die Spitze des internationalen Währungsfonds

IWF-Chefin Christine Lagarde bewies auch 2011 Geradlinigkeit. (dapd)
IWF-Chefin Christine Lagarde bewies auch 2011 Geradlinigkeit. (dapd)

Als französische Finanzministerin bewies die 55-Jährige seit 2005 viel Sachverstand und empfahl sich damit für höhere Ämter: Christine Lagarde löste Anfang Juli ihren über eine Sexaffäre gestolperten Landsmann Dominique Strauss-Kahn an der Spitze des Internationalen Währungsfonds ab. Die Französin zeigte auch im neuen Amt viel Geradlinigkeit und scheute in der Euro-Krise nicht die Auseinandersetzung mit Europas Regierungschefs und Finanzpolitikern. Dadurch verhalf die Geschäftsführende Direktorin ihrem Währungsfonds zu noch größerer Bedeutung. Der IWF ist unter ihrer Führung nicht nur ein wichtiger Geldgeber, sondern auch bedeutender Koordinator in einer der weltgrößten Finanzkrisen geworden. Das ist vor allem Lagardes Verdienst.

Gescheitert in den Nachwehen einer Korruptionsaffäre

Jan Secher muss den Essener Konzern Ferrostaal wieder verlassen. (Foto: von Born/WAZ FotoPool)
Jan Secher muss den Essener Konzern Ferrostaal wieder verlassen. (Foto: von Born/WAZ FotoPool) © Ulrich von Born

Als der Essener Traditionskonzern Ferrostaal im Frühjahr vergangenen Jahres von einer Korruptionsaffäre erschüttert wurde, hatte Jan Secher mit großer Geste einen Neustart mit sauberen Geschäften versprochen. Doch auch unter dem neuen Vorstandschef kam das Unternehmen nicht zur Ruhe. Über Monate tobte ein heftiger Streit der Ferrostaal-Eigentümer MAN und IPIC. Auch das Geschäft litt spürbar unter der schwierigen Situation. Ferrostaal hofft nun auf einen Neuanfang mit anderen Eigentümern. Nach der Übernahme durch das Hamburger Handelshaus MPC war schnell klar, dass Secher seinen Platz räumen muss. Doch erst einmal kündigte der scheidende Chef an, dass in der Essener Konzernzentrale jede vierte der rund 700 Stellen gestrichen werden soll.