Düsseldorf. Der Atomausstieg hat die Stromriesen hart getroffen - die Gewinne sind in 2011 drastisch eingebrochen. Jetzt wollen sich die Konzerne neu erfinden - auch wenn dies Tausende von Arbeitsplätzen kostet.
Kein Zweifel: 2011 war ein schwarzes Jahr für Deutschlands Stromriesen. Erstmals bekamen E.on, RWE und Co. die Folgen des Atomausstiegs mit voller Wucht zu spüren. Die Gewinne der Stromriesen brachen drastisch ein. Deutschlands größter Energieversorger E.on rechnet in diesem Jahr unter dem Strich sogar mit roten Zahlen. Doch jetzt wollen sich die Konzerne neu erfinden - auch wenn dies Tausende von Arbeitsplätzen kostet.
Den Ehrgeiz der Branche fasste schon im November der RWE-Chef Jürgen Großmann in Worte: "Auch die kommenden Jahre werden schwer für uns, aber ich bin optimistisch, dass wir die vor uns liegende Talsohle zügig durchqueren."
Das Tal ist auf jeden Fall tief. E.on drohen im Jahresabschluss erstmals in der Firmengeschichte rote Zahlen. Denn der Konzern leidet nicht nur unter dem Atomausstieg. Drei Wochen vor dem Ende des Geschäftsjahres musste der Energieriese Wertberichtigungen in Höhe von drei Milliarden Euro vornehmen, weil auch die Geschäfte in Italien und Spanien deutlich schlechter laufen als erwartet und viele Kraftwerke in Mitteleuropa angesichts der niedrigen Strompreise kein Geld mehr verdienen. Hinzu kommen noch Probleme im Gasgeschäft.
Doch E.on steht damit nicht allein. Auch beim größten deutschen Stromproduzenten RWE halbierte sich der Nettogewinn in den ersten neun Monaten beinahe und Konkurrent EnBW schrieb in den ersten neun Monaten tiefrote Zahlen.
Beteiligungen zu verkaufen
Doch scheint der Schock über die Energiewende bei den Konzernen langsam abzuklingen. Vehement versuchen sie inzwischen, sich auf die veränderte Marktsituation einzustellen. Vorreiter ist dabei Marktführer E.on. Er hat inzwischen die Weichen für einen drastischen Konzernumbau gestellt, der die Strukturen des Riesenkonzerns durcheinanderwirbelt und kaum einen Stein auf dem andern lässt.
Mit seinem Effizienzsteigerungsprogramm "E.on 2.0" will Konzernchef Johannes Teyssen weltweit bis zu 11.000 der bislang 80.000 Stellen abbauen, gut 6.000 davon in Deutschland. Dabei schließt der Konzern auch betriebsbedingte Kündigungen nicht mehr aus. Auch der Rivale RWE will sich nach Medienberichten von bis zu 8.000 Mitarbeitern trennen - allerdings sozialverträglich.
Um die hohen Schuldenberge abzubauen und mehr finanziellen Spielraum bei der Bewältigung der Energiewende zu erhalten, sind die Stromriesen außerdem dabei, sich in großem Umfang von Beteiligungen zu trennen. E.on will Firmen im Wert 15 Milliarden Euro verkaufen, RWE Beteiligungen im Volumen von elf Milliarden Euro abgeben. Der Essener Konzern sicherte sich außerdem durch eine Kapitalerhöhung und den Verkauf eigener Aktien zusätzliche Mittel in Höhe von gut zwei Milliarden Euro.
EON Ruhrgas-Immobilie
Das schiere Volumen dieser Geschäfte zeigt aber auch, die deutschen Stromriesen haben genug Substanz, die gegenwärtigen Probleme zu bewältigen. Außerdem haben sie noch einen Joker im Ärmel: Haben die erwarteten Verfassungsklagen gegen die entschädigungslose Verkürzung der Reaktorlaufzeiten durch die Bundesregierung Erfolg - oder kommt es vorher zu einer gütlichen Einigung - könnte dies den Konzernen noch einmal ein üppiges Schmerzensgeld bescheren. Immerhin geht es um Milliarden. (dapd)
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