Berlin. . In Deutschland arbeiten viele Arbeitnehmer zu Tariflöhnen, die weit unter dem Mindestlohn liegen. Selbst Fachkräfte kommen teilweise nicht über sieben Euro hinaus. Besonders wenig verdienen etwa Konditoren und Friseure.

Trotz eines Tarifvertrages wird in einigen Branchen in Deutschland ein Stundenlohn von weniger als 6,50 Euro gezahlt. Vor allem gering qualifizierte Beschäftigte in Gartenbau und Landwirtschaft sowie in Handwerks- und Dienstleistungsbranchen kämen auf niedrige Tarifverdienste, teilte das Statistische Bundesamt am Donnerstag auf Grundlage einer Auswertung von 600 Flächentarifverträgen mit. Im Ernährungsgewerbe etwa beginne der Tarifverdienst im Konditorenhandwerk in Bayern bei 5,26 Euro und im Fleischerhandwerk in Sachsen bei 6,00 Euro pro Stunde. Selbst Fachkräfte kommen teilweise nicht über sieben Euro hinaus: Der tarifliche Anfangsverdienst für Bäcker und Konditorengesellen betrage in Mecklenburg-Vorpommern 6,97 Euro und für Friseurgesellinnen in Schleswig-Holstein 7,00 Euro.

Tariflöhne bleiben deutlich unter dem Mindestlohn

Die von den Gewerkschaften in diesen Branchen vereinbarten Tarifverdienste bleiben deutlich hinter deren Forderungen nach einem allgemeinen Mindestlohn von 8,50 Euro zurück. Gewerkschafter sehen sich dort nach Einschätzung des WSI-Tarifarchivs der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung einem Zwiespalt ausgesetzt. „Gewerkschafter stehen in solchen Branchen bei Tarifverhandlungen immer wieder vor der Alternative, niedrigen Tarifen zuzustimmen oder ganz auf eine tarifliche Regulierung der Arbeitsbedingungen zu verzichten“, erklärte jüngst der Leiter des Tarifarchivs, Reinhard Bispinck.

Als Erfolg verbuchen die Gewerkschaften, dass die Zahl der tariflichen Vergütungsgruppen mit Stundenlöhnen unter 8,50 Euro gesunken ist. Im September 2011 sahen laut WSI-Tarifarchiv 13 Prozent der mehr als 4700 untersuchten Vergütungsgruppen aus 41 Branchen Stundenlöhne von weniger als 8,50 Euro vor. Im März 2010 habe dieser Anteil noch 16 Prozent betragen. (rtr)