Essen. . Windparks ohne Kabel und Stromsparen ohne Konzept: Die politisch gewollte Beschleunigung der Energiewende in Deutschland kommt nur schwer in Gang. Milliardenbeträge werden nach dem Gießkannenprinzip ausgegeben, sagen Kritiker.
Hochsee-Windparks ohne Kabel, Bürgerprotest gegen Stromtrassen oder Naturschutz-Konflikte durch den Biomasse-Boom: Die politisch gewollte Beschleunigung der Energiewende in Deutschland kommt nur schwer in Gang. Milliardenbeträge werden nach dem Gießkannenprinzip ausgegeben, sagen Kritiker.
„Es hapert daran, dass es keinen Gesamtplan gibt. Es gibt keine Vorstellung davon, wann wo wie viel erreicht werden soll“, sagte Olav Homeyer von der Universität Flensburg dem ARD-Fernsehmagazin „Panorama“. Die Politik setze Ziele, schaue aber bei der Umsetzung tatenlos zu.
Jüngste Warnung ist der Brandbrief des Netzbetreibers Tennet an die Bundesregierung. Engpässe bei Materialien und Kapitalprobleme könnten den Ausbau der Hochsee-Windparks gefährden. „Wir haben einen politischen Konsens darin, was wir nicht wollen, nämlich die Kernkraft“, sagte Manfred Fischedick vom Wuppertal Institut. „Aber wir haben kein durchgängiges Konzept dafür, wie wir diese Energie ersetzen.“
Politische Ziele und reales Handeln klaffen auseinander
Wie weit politische Ziele und reales Handeln auseinanderklaffen, macht Fischedick am Beispiel der Energiesparziele fest. „Bis 2020 sollen 20 Prozent des Stromverbrauchs eingespart werden. „Ein entsprechender Maßnahmenkatalog? Völlige Fehlanzeige!“
Zweites Beispiel: „Die Bundesregierung hat das Ziel verkündet, bis 2050 möglichst alle Gebäude auf Null-Energie-Standard zu bringen. Das würde bedeuten, dass der gesamte Bestand durchsaniert wird. Wie das erreicht werden soll, bleibt völlig offen“, so Fischedick. Aktuell würde pro Jahr gerade ein Prozent des Gebäudebestandes saniert. Dieses Tempo müsse mindestens verdoppelt werden, um die Ziele zu erreichen. „Die dazu nötigen Fördermittel zur Häuser-Sanierung aber stecken im politischen Tauziehen um den Haushalt fest“, kritisiert er. Weil die Bundesländer Steuerausfälle nicht alleine tragen wollen, passiere nichts.
Kollision mit ökologischen Zielen
Längst kollidiert die Energiewende auch mit ökologischen Zielen, sagen Agrarexperten. Die Kritik: Der so genannte Nawaro-Bonus, eine Extra-Vergütung für Strom aus nachwachsenden Rohstoffen, führt dazu, dass immer mehr Ackerland für den Anbau von Energiemais geopfert wird. Statt daraus Brot oder Tierfutter herzustellen, werde Mais zunehmend zur Biogaserzeugung verheizt. Seit 2004 hat sich in einigen Ländern die Anbaufläche verdoppelt, zeigen Zahlen des Statistischen Bundesamtes. In NRW beträgt der Anstieg 67 Prozent.
Während Kritiker vor fehlgeleiteten Anreizen und Monokulturen warnen, geht den Betreibern von Biogasanlagen die Energiewende nicht schnell genug. Für die Ziele der Bundesregierung seien etwa 2000 bis 5000 Biogaseinspeiseanlagen erforderlich. Aktuell seien jedoch erst 60 Anlagen installiert, monierte am Donnerstag der Verband der Biogaswirtschaft. Man brauche mehr Fläche.