Essen. . Die Energiekonzerne Eon und RWE haben offenbar hohe Summen aus der Brennelementesteuer wiederbekommen. Aus dem Umfeld von Eon hieß es, 96 Millionen Euro seien auf dem Konto des Konzerns eingegangen.
Die jüngsten Kontoauszüge der beiden deutschen Stromriesen könnten in den Konzernzentralen glänzende Augen verursachen: Eon erhielt dieser Tage eine Überweisung von rund 96 Millionen Euro, bei RWE waren es rund 75 Millionen.
Der Grund: Sie hatten mit ihren Klagen gegen die Brennelementesteuer vor zwei Gerichten Recht bekommen und bekamen die gezahlten Abgaben nun – vorläufig – erstattet. Der schwarz-gelben Bundesregierung drohen dagegen im Zuge der Energiewende Einnahmeausfälle in Milliardenhöhe. Bis 2016 kalkuliert Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) mit jährlich etwa 1,3 Milliarden Euro aus der Atomsteuer.
Um diese Steuerrückzahlung zu verstehen, muss man etwa ein Jahr zurückblenden – als nicht um die Energiewende gestritten wurde, sondern um die Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke. Als der Bundestag sie beschloss, machte die Politik keinen Hehl daraus, dass ein Teil der zusätzlichen Gewinne der Konzerne mit Hilfe der Brennelementesteuer abgeschöpft werden sollte. Ein weiterer Teil dieses Gesamtpakets: Die AKW-Betreiber, neben Eon und RWE auch EnBW und Vattenfall, sollten in einen Fonds zur Förderung der Erneuerbaren Energien einzahlen. Pro Jahr etwa 300 Millionen Euro.
Die Energiewende im Eiltempo warf das mühsam austarierte Konstrukt über den Haufen, Regierung und Konzerne gerieten aneinander. Denn trotz des beschleunigten Atomausstiegs sollen die Stromriesen weiter die Brennelementesteuer zahlen. Die Unternehmen kündigten umgehend Widerstand an. Eon-Chef Johannes Teyssen formulierte seine Entschlossenheit zur Klage bei der Eon-Hauptversammlung im Frühjahr so: „Wer keine Brücke will, kann auch keine Maut verlangen.“
Die ersten beiden Urteile sind schallende Ohrfeigen für die Bundesregierung. Sowohl das Finanzgericht München als auch die Richter in Hamburg hegen Zweifel, ob es sich bei der Brennelementesteuer um eine Verbrauchssteuer handelt. Ist dies nicht der Fall, hat der Bund gar keine Gesetzgebungskompetenz.
Eine Verbrauchssteuer belastet den Verbrauch oder Gebrauch bestimmter Waren, zum Beispiel Kaffee. Bei den Kernkraftwerks-Betreibern wird sie jedoch fällig, wenn neue Brennelemente in die Anlagen eingesetzt werden. Mit der Entscheidung der Gerichte sehen sich Eon und RWE in ihrer Rechtsauffassung bestätigt.
Für die Regierung könnte es noch eine ganze Reihe an Ohrfeigen setzen. Denn die Steuerbescheide werden für jedes einzelne Kernkraftwerk verschickt. Und da auch nach der Energiewende weiterhin neun Atommeiler am Netz sind, kündigen sich nach den Anlagen Grafenrheinfeld und Grundremmingen weitere sieben Klagen an.
Allerdings: Das Glänzen in den Augen der Konzerne angesichts der Steuererstattung ist leicht getrübt. Denn das Bundesfinanzministerium hat bereits angekündigt, die Urteile anzufechten. Und so dürfte sich ein Prozessmarathon entwickeln, der über den Bundesfinanzhof in München bis zum Bundesverfassungsgericht nach Karlsruhe führen könnte. Der Weg durch die Instanzen wird sich Jahre hinziehen. So lange können Eon und RWE nicht über die Millionen verfügen, sie müssen die Erstattung in einer Rückstellung parken.
Einen kurzfristigen Effekt lösen die Zahlungen jedoch aus: Sie verschaffen sowohl Eon als auch RWE, die beide knapp bei Kasse sind, etwas Luft. Stephan Wulf, Energie-Analyst bei der Hamburger Bank M.M. Warburg: „Die einbehaltene Brennelementesteuer hat einen positiven Einfluss auf den Kassenbestand der Unternehmen. Dies ist auch für die Einschätzung von Ratingagenturen ein relevanter und positiver Aspekt.“
Also doch ein leichtes Glänzen in den Augen.