Brüssel. Der EU-Wirtschaftskommissar nennt die Zahlen eine “letzte Warnung“: Die Prognose für die Entwicklung der Wirtschaftsleitung in Europa ist düster. Das liegt nicht nur an Griechenland, Italien und den anderen Schuldensündern. Auch für Deutschlands Wirtschaft malt die EU-Kommission ein düsteres Bild.

Dass EU-Wirtschaftskommissar Olli Rehn neue Hiobsbotschaften für Europa verkünden musste, war angesichts der Schuldenkrise klar. „Ich freue mich auf den Tag, an dem ich gute Nachrichten überbringen kann, aber der Wirtschaftsausblick ist leider düster“, sagte Rehn am Donnerstag in Brüssel. „Das Wachstum in Europa ist zum Stillstand gekommen, und es besteht das Risiko einer erneuten Wirtschaftsabschwungs.“
Die Herbst-Konjunkturprognose sei eine „letzte Warnung“. Die europäischen Staaten müssten schnellstmöglich ihre Haushalte sanieren, um die nervösen Finanzmärkte zu beruhigen. „Der drastische Vertrauenseinbruch beeinträchtigt Investitionen und Konsum“, sagte Rehn. Zudem bremse die schwächelnde Weltwirtschaft Europas Exporte.

Arbeitslosigkeit

Für die Bürger sind das schlechte Nachrichten. „Auch wenn die Beschäftigung in einigen Mitgliedstaaten wächst, wird bei der Arbeitslosigkeit für die EU insgesamt mit keiner realen Verbesserung gerechnet“, warnt Rehn.
Mit knapp 21 Prozent hat Spanien bis 2013 die höchste Arbeitslosenquote Europas. Griechenland liegt dicht dahinter. Hier dürfte die Arbeitslosenquote von derzeit 16,6 auf 18,4 Prozent steigen. Am besten schneiden Österreich und Luxemburg ab - mit Arbeitslosenquoten zwischen vier und fünf Prozent auf.

Deutschland schlägt sich im EU-Vergleich wacker. Hier werden zwischen sieben und acht Prozent der Erwerbsbevölkerung bis 2013 ohne Job sein. Im Euro-Währungsraum – er umfasst 17 Staaten - verharrt die Arbeitslosenquote bei zehn Prozent. In der EU - in allen 27 Mitgliedsstaaten - ist die Arbeitslosenquote niedriger. Sie beträgt im Schnitt 9,7 Prozent.

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Von Sabine Brendel

Wirtschaftsleistung

Dass in Europa jeder zehnte potenziell Erwerbstätige keinen Job haben wird, liegt an der mauen Wirtschaft. Im Euro-Währungsraum steigt die Wirtschaftsleistung dieses Jahr um 1,5 Prozent. Nächstes Jahr sind laut der EU-Prognose nur 0,5 Prozent Zuwachs drin. 2013 wird das Bruttoinlandsprodukt (BIP) lediglich um 1,3 Prozent steigen. Für die ganze EU sind die Vorhersagen nur geringfügig besser.
Von Wachstum vorerst nur träumen können Griechenland und Portugal. In Griechenland schrumpft die Wirtschaftsleistung dieses Jahr um 5,5 Prozent und nächstes Jahr um 2,8 Prozent. 2013 dürfte das BIP um 0,7 Prozent steigen – es wäre der erste Zuwachs seit 2007.
Portugals Wirtschaftsleistung sinkt laut den Prognosen in diesem und im nächsten Jahr um 1,9 und 3,0 Prozent. Wie in Griechenland zeichnet sich ein Plus (1,1 Prozent) erst 2013 ab.
Mit den stärksten Zuwächsen trumpft der Euro-Neuling Estland ab. So stark wie 2011 legt die Wirtschaft bis 2013 aber nicht mehr zu. Das BIP-Wachstum verlangsamt sich von 8,0 auf 4,0 Prozent.
Das größte EU-Land Deutschland bleibt Europas Konjunktur-Lok. Dieses Jahr wächst die Wirtschaft um 2,9 Prozent. In den nächsten zwei Jahren bremst die allgemeine Konjunkturlage das deutsche Wachstum auf 0,8 und 1,5 Prozent ab. Deutschland liegt damit aber weiter über dem Durchschnitt. Für den Euro-Raum sagen die EU-Experten für 2011 bis 2013 Zuwächse von 1,5 sowie 0,5 und 1,3 Prozent vorher. In der EU wird die Wirtschaftsleistung geringfügig stärker zulegen.

Schuldenstand

Griechenland schneidet mit Abstand am schlechtesten ab, wenn man den Schuldenberg in Prozent des Bruttoinlandsprodukts angibt. Seine Staatsschulden steigen bis 2013 von derzeit 162,8 auf 198,5 Prozent der Wirtschaftsleistung. In drei weiteren Staaten ist Schuldenberg bis 2013 ebenfalls größer als die Jahres-Wirtschaftsleistung: in Italien, Irland und Portugal.
Im Schnitt beträgt der Schuldenstand der Euro-Staaten bis 2013 etwa 90 Prozent des BIP. EU-weit ist der Schuldenstand mit fast 85 Prozent niedriger.
Deutschland schneidet auch hier besser ab – der Schuldenstand dürfte von 81,7 auf 79,9 Prozent sinken. Nach EU-Recht sollte ein Staat aber höchstens einen Schuldenstand von 60 Prozent haben.