Essen. . Deutschland bürgt zur Bewältigung der Euro-Krise für Milliarden. Die Politik geht damit Risiken im Namen der Bürger ein. DerWesten erklärt, wie hoch die Risiken für die Steuerzahler tatsächlich sind.

Die Summen, mit denen Europas Politiker hantieren, sprengen die Vorstellungskraft einfacher Bürger. Spätestens bei einer Billion Euro, die jetzt zur Bewältigung der Euro-Krise genannt werden, kann niemand mehr auf deren Verständnis hoffen. Zumal wahlweise schon zwei Billionen und mehr genannt werden. Es werden auch die wenigsten Bürger Lust haben, sich mit Details von Finanzhebeln auseinanderzusetzen. Doch eine grobe Vorstellung davon, wie viel Risiko die Politik stellvertretend für ihn eingeht, sollte der Steuerzahler haben. Hier ein Überblick:

Griechenland: 11,2 Milliarden Euro

Gern betont die Regierung, noch sei kein Cent aus deutschen Steuergeldern nach Athen geflossen. Das stimmt insoweit, als dass der Bundeshaushalt bisher nicht belastet wurde. Allerdings ist sehr wohl deutsches Geld überwiesen worden, durch die Staatsbank KfW. Bisher sind 13,5 Milliarden Euro an Krediten geflossen, bis 2012 werden es planmäßig 22,3 Milliarden sein. Der Bund ist bisher außen vor, doch er bürgt für Verluste, und die sind nicht mehr theoretischer Natur. Wird Griechenland ein Teil seiner Schulden erlassen, und danach sieht es aus, wäre der Bund betroffen – bei einem Schuldenschnitt von 50 Prozent mit 11,2 Milliarden Euro.

EFSF: 211 Milliarden Euro

Beim Euro-Rettungsschirm EFSF ist es ähnlich, nur in viel größerem Ausmaß. Deutschland zahlt zunächst nichts in bar, bürgt aber für 211 Milliarden Euro. Ob und wie viel Deutschland am Ende wird zahlen müssen, kann heute niemand sagen. Aber das Risiko lässt sich je nach Ausgestaltung des Schirms einschätzen.

Favorisiert wird die sogenannte Versicherungslösung. Der Schirm vergibt nicht selbst Kredite an Länder wie Spanien, Italien oder Portugal, sondern er bietet Privatinvestoren Sicherheiten an. Banken, die Staatsanleihen kaufen, erhielten bei einer Staatspleite oder einem Schuldenschnitt einen Teil ihrer Verluste vom Rettungsschirm erstattet. In Rede steht eine Ab­- sicherung von 20 Prozent. Auf diese Weise können die 440 Milliarden Euro im Rettungsschirm das Hilfsvolumen verfünffachen. Im Höchstfall vergeben Investoren 2,2 Billionen Euro an Krediten.

Dieser „Hebel“ erhöhe das Risiko für Deutschland nicht, sagt die Regierung. Das ist nur die halbe Wahrheit. Deutschland könnte zwar auch dann höchstens 211 Milliarden Euro verlieren. Doch das Risiko, dass es zu hohen Verlusten kommt, steigt durch die Vervielfachung der Hilfen. Sollten Banken für zwei Billionen Euro Staatsanleihen kaufen und diese auch nur zum Teil ausfallen, müssten die Euro-Staaten dafür einstehen. Mit seinen 211 Milliarden riskiert Deutschland immerhin die Steuereinnahmen des Bundes aus einem gesamten Jahr.

Ohne Hebel wäre das anders: Würde der Rettungsschirm für seine 440 Milliarden Euro selbst Staatsanleihen kaufen, verlören die Staaten bei einem Ausfall von 20 Prozent nur 88 Milliarden Euro. Deutschland wäre mit 24,6 Milliarden dabei.

ESM: 22 Milliarden Euro

2013 wird der Rettungsschirm von dem dauerhaften Krisenmechanismus ESM abgelöst. In den sollen auch Bareinlagen der Staaten fließen. Deutschland muss rund 22 Milliarden Euro einzahlen, in fünf Jahresraten à 4,3 Milliarden Euro. Dieses Geld muss ab 2013 aus Steuermitteln abgezweigt werden.

EZB: steigende Preise

Während des langen politischen Ringens um die Euro-Rettung ist die Europäische Zentralbank (EZB) als ständige Retterin eingesprungen. Sie hat Staatsanleihen auch aus Ländern wie Italien, Spanien und Portugal gekauft und hält bereits Anleihen im Wert von rund 163 Milliarden Euro. Gleichzeitig versorgt sie seit Wochen Europas Banken unbegrenzt mit frischem Kapital. Beides trifft den deutschen Steuerzahler nicht direkt, doch es birgt Risiken. Erstens steigt die Inflationsgefahr mit dem Anwerfen der Notenpresse. War die Finanzkrise 2009 dank stabiler Preise für die Verbraucher halbwegs erträglich, könnte eine neue Krise durch eine gleichzeitige Inflation verstärkt werden. Die Teuerungsrate ist mit 2,8 Prozent in Deutschland bereits heute sehr hoch.

Zweitens drohen auch der EZB durch Kreditausfälle Verluste. Normalerweise erzielt sie Gewinne, die zum Teil über die nationalen Notenbanken den Haushalten zufließen. Die Überschüsse der Zentralbanken könnte sich der Finanzminister abschminken.