Athen. . Im Kampf gegen die Schuldenkrise stimmt das griechische Parlament heute über harte Lohn-Einschnitte für 30.000 Staatsbedienstete ab. Die Pläne der Regierung könnten zudem dazu führen, dass 9000 Beamte entlassen werden.
Es war lange Jahre der normale Karrieretraum eines durchschnittlichen Griechen: eine Stelle beim Staat. Immerhin können Beamte mit einem großzügigen Salär und Vergünstigungen rechnen. Sie arbeiten weniger als ihre Kollegen im Privatsektor und genießen ein durch die Verfassung geschütztes Recht auf einen Arbeitsplatz auf Lebenszeit. Zumindest war es bislang so.
Doch in der schlimmsten Krise Griechenlands seit dem Zweiten Weltkrieg und unter dem Druck internationaler Kreditgeber hat die sozialistische Regierung in Athen einen harten Sparkurs angekündigt, mit der Konsequenz, dass tausende Stellen im öffentlichen Dienst gestrichen werden sollen. Das Vorhaben ist Teil einer neuen Sparmaßnahme, über die am heutigen Donnerstag im Parlament abgestimmt wird.
Konkret geht es dabei um die Einsparung von rund 300 Millionen Euro, in dem 30.000 Staatsbeamte in eine sogenannte Reserve-Stellung mit geringerer Bezahlung für bis zu zwei Jahre versetzt werden. In einem Land, in dem jedes fünfte Gehalt von der Regierung bezahlt wird, hat das weitreichende Folgen.
So werden die meisten bis dahin das Rentenalter erreicht und Anspruch auf volle Rentenzahlungen haben, andere werden auf andere Beamtenstellen versetzt. Doch aufgrund einer verfassungsmäßigen Lücke könnten bis zu 9000 Beamte bald der wachsenden Zahl an Arbeitslosen angehören, die im Juli auf 820.000 oder 16,5 Prozent anwuchs. Im Vergleich dazu liegt die Zahl der Staatsbediensteten bei rund 780.000.
Der Klientelismus entfaltet bis heute seine Wirkung
Mit den Entlassungen wird ein 100 Jahre altes Tabu gebrochen. Schließlich wurde 1911 den Beamten der Schutz eines lebenslangen Arbeitsplatzes eingeräumt. Der Grund: Bis dahin hatte jede neu gewählte Regierung ihre eigenen Unterstützer in der Verwaltung untergebracht, indem sie sich zuvor der alten Bediensteten in großem Stil entledigte.
Allerdings sagen die meisten Griechen, dass der politische Klientelismus nie wirklich ausgemerzt wurde, weil nachfolgende Regierungen ihre Gefolgsleute sehr wohl weiterhin in Ämter hievten und so den Apparat weiter aufblähten, weil die vor den Vorgängerregierungen Eingestellten zwar an den Rand gedrängt, aber eben nicht entlassen wurden.
„Sie haben Beamte, die von ihren örtlichen Parlamentsmitgliedern gestützt werden und an die sie sich mit ihren Problemen wenden. Die Abgeordneten gehen dann zu einem Minister, der sich um die Angelegenheit kümmert“, sagt Nikos Alexopoulos, Angestellter im Innenministerium und Gewerkschaftsführer mit 18 Jahren Erfahrung im öffentlichen Sektor. Diese Problematik betreffe alle im Parlament vertretenen Parteien und nicht bloß diejenigen, die gerade an der Macht seien, sagt Alexopoulos.
Früherer Finanzminister fordert noch drastischere Spar-Maßnahmen
Für Stefan Manos sind die bisherigen Einschnitte der Regierung noch immer zu zaghaft. „Ich denke nicht, dass unsere Kreditgeber weitere Raten zahlen sollten“, sagt der Konservative Manos, der in den 90er Jahren als Finanzminister diente. „Es gibt nur eine Lösung: Ein Messer an alle unnötigen Kosten ansetzen. Es ist unvorstellbar, so etwas zu sagen, aber nach all diesen Kürzungen wird die Regierung mehr Geld ausgeben als im vergangenen Jahr.“ Nach Manos Ansicht gelte es, mehr als 100.000 Staatsbedienstete in einer dreijährigen Übergangsphase zu entlassen.
Derweil haben die mächtigen griechischen Gewerkschaften die geplante Reserve-Stellung als irrational und willkürlich abgelehnt. Ihrer Meinung nach würde der öffentliche Dienst dabei geschwächt, solange nicht auf die bereits existierenden Ungleichgewichte bei den Beschäftigten eingegangen würde. Nicht zuletzt deshalb haben sie seit gestern zu einem 48-stündigen Generalstreik aufgerufen. (dapd)